Die Jahrhundertwende oder das Fin de Siècle war die Zeit um 1900, wobei die Epoche etwa von 1890 bis 1914, also bis zum ersten Weltkrieg, dauerte. Die Jahrhundertwende zeichnete sich durch das Bewusstsein aus, dass die Welt im Wandel begriffen war, dass eine alte Zeit endete, während eine neue begann. Dies spiegelte sich in der historischen Entwicklung wider: Auf der einen Seite wuchsen Städte wie Berlin rasant, Fabriken schossen aus dem Boden wie Pilze, die Eisenbahn und später auch das Automobil führten zu einem völlig neuen Verständnis von Distanz und Raum, auf der anderen Seite existierte immer noch das Kaisertum in Deutschland, das seine Legitimität mit der mittelalterlichen Tradition begründete. Modernes und Althergebrachtes standen sich gegenüber, den Künstlern der Jahrhundertwende war dieser Gegensatz bewusst.
Angesichts der tiefgreifenden Umwälzung der Gesellschaft, die durch die Technisierung und die Rationalisierung vorangetrieben wurde und der unüberbrückbaren Kluft zwischen den politischen Standpunkten des Konservatismus und des Sozialismus besannen sich viele Literaten der Jahrhundertwende auf ihr Inneres. Manche sahen in der gesellschaftlichen Entwicklung eine Bedrohung ihrer selbst, sie blendeten daher die politischen Fragen ihrer Zeit aus und widmeten sich ganz dem Autorendasein. In einer Zeit, in der die Welt zunehmend verwissenschaftlicht und entmystifiziert wurde -- die Physik erkundete die Beschaffenheit der Materie, Sigmund Freud die menschliche Psyche --, in der Nietzsches Nihilismus der Welt jeglichen objektiven Sinn und der Moral jegliche Allgemeingültigkeit absprach, suchten viele Literaten Halt in ihrer Innerlichkeit und ihrem subjektiven Erleben. Strömungen wie der Ästhetizismus und der Symbolismus grenzten sich von den Massen unter dem Leitspruch der „Kunst um der Kunst willen“ (franz. „L‘art pour l‘art“) ab, Kunst galt als Selbstzweck, der Künstler als besonders kultivierter, feinfühliger und talentierter Mensch, der mittelmäßigen und fehlerhaften Gesellschaft entzogen. Sie wollten den Dingen wieder einen Wert geben, sie nicht mit dem kalten Blick der Wissenschaft betrachten. Das Symbol erhob auch unscheinbare Dinge zu einer allegorischen Bedeutung.
Die Liebe wurde zur Zeit der Jahrhundertwende wieder mystifiziert und ästhetisiert. Sie wird nicht als rationaler Vorgang, sondern als unerklärliches, geheimnisvolles Gefühl idealisiert. Gleichzeitig wird sie als Mittel gesehen, die Harmonie des Seins wiederherzustellen und vor allem als ahnungsvoller oder traumhafter Zustand charakterisiert, der zu außergewöhnlichen Empfindungen befähigt. Es geht nicht um die objektive, sondern die subjektive Bedeutung der Liebe. Auch ist nicht der Alltag Gegenstand der Liebeslyrik der Jahrhundertwende. Stattdessen entfernt sie sich von der Wirklichkeit, beschreibt die Liebe mit einer Vielzahl von Symbolen. Als Thema dient die Liebe an sich oder Erfahrungen wie Abschied oder der erste Kuss -- stets geht es aber um das Erleben einer Situation oder von Gefühlen.
Die Sprache dieser Epoche war bewusst nicht alltäglich, sondern verschlungen und ästhetisiert. Durch die Einflüsse des Symbolismus und des Ästhetizismus kehrte man sich von der Zugänglichkeit und Massentauglichkeit der Gedichte ab - man schrieb Gedichte für sich selbst, andere Künstler und sonstige gebildete Menschen. In vielen Gedichten der Jahrhundertwende findet sich eine Sprache, die von der üblichen Satzstruktur abweicht. Typisch für Gedichte dieser Zeit sind u.a. Enjambements und Einschübe in den Versen. Durch eine teilweise schwer verständliche Symbolik muss der Leser die Bedeutung des Gedichts oft erst ergründen, sie erschließt sich ihm nicht direkt. Dabei wurde die Fülle an sprachlichen Mitteln dafür genutzt, die Innenwelt des lyrischen Ichs komplex darzustellen und die Welt aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Viele Dichter achteten dabei auf einen hochsprachlichen, eher ruhigen und „weichen“ Ton, Impulsivität betrachteten sie kritisch.
In Rilkes Gedicht ist das Thema Themen der Innerlichkeit (auch der menschlichen Psyche) mit der Verwendung von Symbolen vereint. Durch diese wird ein komplexer Zusammenhang in künstlerischer Sprache ausgedrückt. Die formale Gestaltung bleibt dabei mit dem Inhalt verknüpft: Enjambements verdeutlichen am Anfang den hoffnungslosen Versuch des lyrischen Ichs, sich vor der Liebe zu bewahren, während nach der Akzeptanz der Liebe Vers- und Satzende übereinstimmen. So wird ausgedrückt, dass die Liebe das lyrische Ich gewissermaßen beruhigt und ihm, nach anfänglicher Gefühlsverwirrung, doch einen Halt gibt.
Angesichts der tiefgreifenden Umwälzung der Gesellschaft, die durch die Technisierung und die Rationalisierung vorangetrieben wurde und der unüberbrückbaren Kluft zwischen den politischen Standpunkten des Konservatismus und des Sozialismus besannen sich viele Literaten der Jahrhundertwende auf ihr Inneres. Manche sahen in der gesellschaftlichen Entwicklung eine Bedrohung ihrer selbst, sie blendeten daher die politischen Fragen ihrer Zeit aus und widmeten sich ganz dem Autorendasein. In einer Zeit, in der die Welt zunehmend verwissenschaftlicht und entmystifiziert wurde -- die Physik erkundete die Beschaffenheit der Materie, Sigmund Freud die menschliche Psyche --, in der Nietzsches Nihilismus der Welt jeglichen objektiven Sinn und der Moral jegliche Allgemeingültigkeit absprach, suchten viele Literaten Halt in ihrer Innerlichkeit und ihrem subjektiven Erleben. Strömungen wie der Ästhetizismus und der Symbolismus grenzten sich von den Massen unter dem Leitspruch der „Kunst um der Kunst willen“ (franz. „L‘art pour l‘art“) ab, Kunst galt als Selbstzweck, der Künstler als besonders kultivierter, feinfühliger und talentierter Mensch, der mittelmäßigen und fehlerhaften Gesellschaft entzogen. Sie wollten den Dingen wieder einen Wert geben, sie nicht mit dem kalten Blick der Wissenschaft betrachten. Das Symbol erhob auch unscheinbare Dinge zu einer allegorischen Bedeutung.
Die Liebe wurde zur Zeit der Jahrhundertwende wieder mystifiziert und ästhetisiert. Sie wird nicht als rationaler Vorgang, sondern als unerklärliches, geheimnisvolles Gefühl idealisiert. Gleichzeitig wird sie als Mittel gesehen, die Harmonie des Seins wiederherzustellen und vor allem als ahnungsvoller oder traumhafter Zustand charakterisiert, der zu außergewöhnlichen Empfindungen befähigt. Es geht nicht um die objektive, sondern die subjektive Bedeutung der Liebe. Auch ist nicht der Alltag Gegenstand der Liebeslyrik der Jahrhundertwende. Stattdessen entfernt sie sich von der Wirklichkeit, beschreibt die Liebe mit einer Vielzahl von Symbolen. Als Thema dient die Liebe an sich oder Erfahrungen wie Abschied oder der erste Kuss -- stets geht es aber um das Erleben einer Situation oder von Gefühlen.
Sprache und Form
Das Fin de Siècle wurde von einem großen Selbstbewusstsein der Künstler bestimmt. Diese grenzten sich von den „gewöhnlichen“ Menschen ab, richteten sich damit bewusst gegen die literarischen Konventionen ihrer Zeit und damit auch gegen die strengen Formalia von dichterischen Gattungen. Die meisten Gedichte aus dem Fin de Siècle lassen sich nicht einer Gattung zuordnen, ihre Form sollte mit ihrem Inhalt übereinstimmen und nicht anders herum. Die Form wurde demnach dem angepasst, was der Dichter ausdrücken wollte. Reim und Metrum wurden deshalb oftmals flexibel genutzt. Da viele Dichter der Jahrhundertwende nach innerer Harmonie strebten, achteten sie dennoch auf einen melodiösen Klang ihrer Gedichte, der ihre Orientierung an der Ästhetik der Kunst widerspiegelt.Die Sprache dieser Epoche war bewusst nicht alltäglich, sondern verschlungen und ästhetisiert. Durch die Einflüsse des Symbolismus und des Ästhetizismus kehrte man sich von der Zugänglichkeit und Massentauglichkeit der Gedichte ab - man schrieb Gedichte für sich selbst, andere Künstler und sonstige gebildete Menschen. In vielen Gedichten der Jahrhundertwende findet sich eine Sprache, die von der üblichen Satzstruktur abweicht. Typisch für Gedichte dieser Zeit sind u.a. Enjambements und Einschübe in den Versen. Durch eine teilweise schwer verständliche Symbolik muss der Leser die Bedeutung des Gedichts oft erst ergründen, sie erschließt sich ihm nicht direkt. Dabei wurde die Fülle an sprachlichen Mitteln dafür genutzt, die Innenwelt des lyrischen Ichs komplex darzustellen und die Welt aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Viele Dichter achteten dabei auf einen hochsprachlichen, eher ruhigen und „weichen“ Ton, Impulsivität betrachteten sie kritisch.
Beispiel für die Liebeslyrik der Jahrhundertwende
- Wie soll ich meine Seele halten, daß
- sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie
- hinheben über dich zu andern Dingen?
- Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas
- Verlorenem im Dunkel unterbringen
- an einer fremden stillen Stelle, die
- nicht weiterschwingt,wenn deine Tiefen schwingen.
- Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
- nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
- der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
- Auf welches Instrument sind wir gespannt?
- Und welcher Geiger hat uns in der Hand?
- O süßes Lied
- (Liebeslied von Rainer Maria Rilke (1875-1926))
In Rilkes Gedicht ist das Thema Themen der Innerlichkeit (auch der menschlichen Psyche) mit der Verwendung von Symbolen vereint. Durch diese wird ein komplexer Zusammenhang in künstlerischer Sprache ausgedrückt. Die formale Gestaltung bleibt dabei mit dem Inhalt verknüpft: Enjambements verdeutlichen am Anfang den hoffnungslosen Versuch des lyrischen Ichs, sich vor der Liebe zu bewahren, während nach der Akzeptanz der Liebe Vers- und Satzende übereinstimmen. So wird ausgedrückt, dass die Liebe das lyrische Ich gewissermaßen beruhigt und ihm, nach anfänglicher Gefühlsverwirrung, doch einen Halt gibt.