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Aufgabe 2.2

Task

The “Youth Theater Journal” has put out a call for articles on recent developments in political theater in different countries.
Write an article for this journal, outlining the information about the theater project presented in the interview and about the people involved in it.

Auszug aus dem Interview

Regisseure über Hamburger Mitmachtheater

„Menschen, die nie jemand fragt“

Von Katrin Ullmann mit Serkan Salihoglu und Sidar Kurt
Eine Bühne für Bürger*innen: Das Stück „Citizenpark“ zu Migration, Recht und Teilhabe wurde durchweg mit jungen Betroffenen entwickelt.
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taz: Herr Salihoglu, wenn Sie gefragt werden, woher Sie kommen: Was antworten Sie?
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Serkan Salihoglu: Aus der Türkei. Ich habe einen deutschen Pass, keinen türkischen mehr,
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aber ich komme aus der Türkei. Aber ich finde die Frage nach der Herkunft ein bisschen
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irrelevant, sie beschreibt nur eine geografische Situation, nämlich die, wo ich geboren bin.
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Und sie sagt aus, dass wir immer eine solche Besessenheit haben, uns auf die
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Vergangenheit zu konzentrieren und nicht auf die Gegenwart.
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Migration, Partizipation und Gleichberechtigung sind Thema der vierten „Bürger*innenbühne“.
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Wie gehen Sie das in „Citizenpark“ an?
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Salihoglu: Sidar Kurt und ich sind Immigranten, und unsere Teilnehmer*innen sind, bis auf
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eine Person, auch Einwander*innen. Ich bin erst 2003 nach Deutschland gekommen, aber
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da ich in der Türkei auf einer deutschen Schule war, hatte ich schon vorher einen Bezug zu
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Deutschland. Als ich zum Studium nach München gezogen bin, waren die Diskussionen
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noch andere. Jetzt, vor diesem Projekt, habe ich mich noch mal intensiver mit dem Thema
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Einwanderung befasst, auch um zu verstehen, wo wir gerade stehen. Die Themen haben
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sich extrem geändert...
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Inwiefern?
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Salihoglu: Eigentlich sehe ich eine ganz, ganz positive Entwicklung. Viele Themen, über die
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vor einigen Jahren nicht laut geredet wurde, sind jetzt – vielleicht durch Social Media –
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stärker in den Massenmedien vertreten. Die Einwander*innen der 3. oder 4. Generation sind
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besser ausgebildet und dadurch mündiger geworden. Auch in der Literatur, im Theater, in
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der Kunst ist die kulturelle Vielfalt größer geworden. [...]
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Arbeiten Sie deshalb mit jungen Migrant*innen?
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Salihoglu: Ja, wir haben nach neuen Perspektiven auf das Thema „Migration“ gesucht. Wir
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wollten mit jungen Menschen – unsere Teilnehmer*innen sind zwischen 16 und 24 – darüber
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reden, und ihnen zuhören, wie sie sich fühlen, wie sie ihre Situation beschreiben und wie
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ihre Zukunftsperspektive aussieht. [...]
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Wie sind Sie auf die sechs Mitwirkenden gekommen?
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Salihoglu: Wir haben eine Ausschreibung gemacht und mit den Leuten, die sich beworben
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haben, viele Gespräche geführt.
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Kurt: Dabei war die Frage zentral: Wie kann man an einer Gesellschaft teilhaben, obwohl
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man nicht dieselben Rechte hat wie alle anderen?
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Was genau verbirgt sich hinter dem Titel „Citizenpark“?
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Kurt: Er bezieht sich auf den Park als einen offenen Ort, an dem es keine Restriktionen gibt.
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Salihoglu: Im Stück heißt es: „Wenn sie uns nicht hören wollen da draußen in ihren
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öffentlichen Gebäuden, werden wir unseren eigenen Freiraum schaffen in unserem Park.“
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Was finden Sie an der Arbeit mit Nicht-Profis reizvoll?
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Salihoglu: Die Authentizität. Wir wollen Menschen begegnen, denen normalerweise
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niemand eine Frage stellen würde. Deswegen finde ich es wichtig, was sie auf der Bühne zu
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sagen haben, aber vor allem auch, dass sie überhaupt auf einer Bühne sichtbar werden.
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Unsere Mitwirkenden sind in der Ukraine, in Frankreich, in Marokko, in Syrien, in Vietnam
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und in Deutschland geboren. Und wenn wir über Demokratie reden, haben alle einen
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anderen Begriff davon. Alle lernen voneinander. Das war eigentlich das Hauptziel des
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Projekts. Für mich sind jetzt schon 90 Prozent meiner Ziele erfüllt.
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Sie brauchen das Publikum also nur für die restlichen 10 Prozent?
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Salihoglu: Jetzt ist es an der Zeit, mit den Zuschauer*innen ins Gespräch zu kommen. Es
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geht uns darum, dass wir bei den Aufführungen zusammensitzen und über unsere Zukunft
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diskutieren. Hoffnung zu verbreiten ist mir in meiner künstlerischen Arbeit sehr wichtig und
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dabei aber auch das Bewusstsein zu haben, dass wir nur in ganz kleinen Schritten
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vorankommen.
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Wie erarbeiten Sie den Stücktext?
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Kurt: Wir hatten am Anfang nur unser Konzept. Anschließend gab es verschiedene
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Workshops und Treffen, bei denen ich mit allen lange Gespräche geführt habe. Dabei wollte
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ich verstehen, was ihnen wichtig ist, und herausfinden, welche Perspektiven und
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Erfahrungen sie haben – in Bezug auf ihren Alltag, ihr Leben, ihre Meinung zu Demokratie.
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Daraus habe ich ein Skript geschrieben, das sich über den Probenzeitraum immer
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weiterentwickelt hat.
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Aber irgendwann legt man den Text fest.
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Kurt: Ja, aber für mich muss ein Text immer lebendig bleiben und sich verändern dürfen. [...]
Quelle: Ullmann, Katrin mit Serkan Salihoglu und Sidar Kurt. "Regisseure über Hamburger Mitmachtheater: ‚Menschen, die nie jemand fragt‘". taz. 9. März 2021. Zugriff am 30. Nov. 2021 von https://taz.de/Regisseure-ueber-Hamburger-Mitmachtheater/!5796889/. (Ein sprachlicher Fehler in der Textvorlage wurde entsprechend der geltenden Norm korrigiert. Die Verwendung der Genderschreibweise entspricht dem Original.)

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