Thema C: Sprachmittlung

Aufgabenstellung

You spent an exchange year in the UK where you met Alex, who is a student doing research on concepts of early childhood education for a term paper.

Write an email to Alex presenting the concept of forest kindergartens as well as the impact they have on children.

Die Pädagogik unter Bäumen boomt

Von Dorothea Gotschall
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Ob die Schutzhütte dem jüngsten Sturm standgehalten hat? „Schauen wir mal nach“, sagt
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Annette Hemme. Und kaum, dass sie den Satz beenden kann, laufen die Kinder aufgeregt los
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und verstreuen sich in der Umgebung. Mitten im Wald, irgendwo zwischen Icking und
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Schäftlarn, spielt Annette Hemme eben noch mit der Gruppe auf einer Lichtung, bevor sie den
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Kleinen folgt und mit ihnen die Konstruktion aus Ästen begutachtet. Der Wind hat zwar ein
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paar der stützenden Gehölze weggepustet, aber gemeinsam sind die kleineren Reparaturen
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schnell erledigt.
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Hemme leitet den Waldkindergarten im Ickinger Ortsteil Irschenhausen. Die Betreuung dort
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fußt auf einem pädagogischen Konzept, das in den 1950er-Jahren in Dänemark entwickelt
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wurde. Die Kernidee, eine Kinderbetreuung im Einklang mit der Natur anzubieten, hat sich seit
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dieser Zeit nicht großartig verändert. Wie die Konzepte in der Praxis aussehen, ist meistens
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eine Frage der natürlichen Umgebung und der Gruppendynamik. „Ein Rückzugsraum ist
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jedoch ein Muss“, erklärt Mona Schreiner, Leiterin des Penzberger Albert-Schweitzer-
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Waldkindergartens. Bei besonders schlechten und stürmischen Bedingungen könne etwa ein
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Bauwagen oder eine Jurte als solcher herhalten.
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Draußen sein bei Wind und fast jedem Wetter; zwischen Pfützen und Brombeersträuchern
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bewusst die Jahreszeiten erleben: Immer mehr Eltern können sich solch eine Betreuung für
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ihre Jüngsten vorstellen. […]
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Mit den Vorzügen eines Waldkindergartens beschäftigen sich auch einige Studien. Sie zeigen:
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Neben dem erwartbaren Argument, das Spielen an der frischen Luft gutheißt, gehen auch
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andere Entwicklungspotenziale mit dem Konzept einher. „Man braucht eigentlich kein großes
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Programm bei all den Möglichkeiten in der Natur. Die Kinder kommen mit wenig aus“, erläutert
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Schreiner ihre Erfahrungen in Penzberg. Hemme schließt sich dem an und ergänzt: „Die Natur
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regt die Kinder zum selbstbestimmten und ganzheitlichen Lernen an. Ihr kreativer Erfindergeist
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läuft immer auf Hochtouren.“ Es sei zudem eine Bereicherung, auf Tuchfühlung mit den
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Gesetzmäßigkeiten der Natur zu gehen. Wetterphänomene und Eigenheiten der Umgebung
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mit allen Sinnen zu erleben, habe einen „sehr erdenden Einfluss“ auf die Heranwachsenden.
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„Auch das Stolpern über die ein oder andere Wurzel ist so eine Erfahrung und sogar gewollt.“
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Von den örtlichen Grundschulen erhält Hemme regelmäßig Rückmeldung, dass Schüler aus
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den naturnahen Kindergärten ein ausgeprägtes Orientierungsvermögen besäßen und im Fach
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Mathematik gute Leistungen vorweisen. „Das überrascht mich nicht. Schritte oder Bäume zu
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zählen, sind wichtige Elemente bei unseren Erkundungstouren.“ Gemeinsam mit den Kindern
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mache sie regelmäßig Treffpunkte aus. Die tragen dann Namen wie „Schießpulverplatz“ oder
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„Zwergenbriefkasten“. „Die Titel kreieren immer die Kinder selbst, ausgehend von ihren
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Assoziationen mit der Umgebung.“
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Ob eine ganz bestimmte Gruppe Eltern die Betreuung in Waldkindergärten so attraktiv findet,
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könne man schwer sagen, so Hemme und Schreiner. Man treffe häufig auf
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Erziehungsberechtigte, die ihren Kindern bewusst eine Alternative zu geläufigen Spielgeräten
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bieten wollen, berichten die Pädagoginnen. „Es auf die Corona-Erfahrungen zu schieben, wäre
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zu einfach“, schlussfolgert Hemme und fügt hinzu: „Wer den ganzen Tag die Erziehung des
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Kindes kontrollieren will, wird vermutlich keine Freude an dem Konzept finden. Ein freies
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Lernen ist bei uns zentral.“
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In Irschenhausen ist die Kindergarten-Gruppe am Treffpunkt angekommen. Dort stehen
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Kerzen in verschiedenen Formen und Farben auf dem sandigen Boden. „Heute Morgen haben
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wir den Totengedenktag gefeiert“, erklärt Erzieherin Hemme die Szene in Anlehnung an den
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katholischen Feiertag Allerheiligen. Bei all den Stunden in der freien Natur, die stets ihren
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eigenen Gesetzen folgt, sei auch ein bisschen Kultur sehr bereichernd. Dabei lasse sie die
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Gruppe von eigenen Traditionen und Erlebnissen inspirieren. „Das Löwenzahnfest zum
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Beispiel, das feiern die Kinder besonders gern.“


560 Wörter
Gottschall, D. (2021, 12. November). Die Pädagogik unter Bäumen boomt. Süddeutsche Zeitung.

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