Thema C: Sprachmittlung

Aufgabenstellung

As a participant of the UNESCO project Transforming food systems – youth innovation for sustainability you have been asked to share a best-practice example of an environmentally friendly approach to food production from your country.
Write an entry for the project blog in which you present the start-up Neue Meere and its innovative approach as well as the challenges of sustainable food production.

Garnelen made in Gronau und ihr wahrer Wert*

Von Leonie Theiding

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Tarek Hermes hockte 2011 in seinem Studentenappartement und schaute eine Doku über
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südostasiatische Garnelenfarmen, die sein Leben veränderte. Die Sünden, die dort an der
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Natur begangen werden, um Garnelen auf deutsche Teller zu importieren, haben ihn auf die
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Idee gebracht, Garnelen lokal und umweltfreundlich zu produzieren. Seit 2020 verkauft seine
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Firma Garnelen, die mitten in Gronau in einer zweistöckigen Kreislaufanlage gezüchtet
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werden: „Wir zeigen mit unserer Marke ‚Neue Meere‘, dass wir die alten Meere in Frieden
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lassen können.“
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Ursprünglich wollte Tarek Hermes Landwirt oder Förster werden – nicht umsonst studierte er
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Agrarwissenschaften im Master. Heute ist es sein Ziel zu verhindern, dass für Importgarnelen
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Abwässer in der Natur verklappt, Garnelen mit Antibiotika gefüttert, Mangrovenwälder
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abgeholzt werden.
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Er führt aus, dass Neue Meere nicht nur eine Alternative zum Import bieten soll, sondern auch
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eine alternative Art der Produktion. In der Kreislaufanlage sollen langfristig auch andere
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Meerestiere gezüchtet werden.
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Als Student analysierte er 2011 den europäischen Importmarkt für Fisch und stellte fest, dass
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es hier zwar kleinere Teichkulturen gibt, diese könnten ihre Betriebe jedoch nicht vergrößern:
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„Teichwirtschaften um die doppelte Größe auszubauen, würde heutzutage gar nicht mehr
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genehmigt werden“, sagt Hermes. Dafür wäre der Eingriff in die Natur zu schwerwiegend.
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Denn die Betriebe benötigten viel Fläche und Quellwasser.
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Die Kreislaufanlage in Gronau ist demgegenüber mithilfe von Energieexperten rundum
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ressourcenschonend konstruiert worden. Hermes erläutert, dass Strom und Wärme durch
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eigene Blockheizkraftwerke erzeugt werden. Zudem wurde die Halle mit Sandwichelementen
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isoliert. Die Bio-Kläranlage der Firma bereitet beinahe die gesamte Million Liter am Tag auf,
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die innerhalb der Anlage pulsieren; nebenbei sorgte diese dafür – ganz im Gegensatz zu
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Farmen in Südostasien –, dass Antibiotika nicht eingesetzt werden können. Die Bakterien der
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Kläranlage würden an den Medikamenten eingehen.
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Problematisch am Betreiben solcher Kreislaufanlagen in Deutschland seien die Mehrkosten,
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räumt Tarek Hermes ein. Die Haltung von White-Tiger-Garnelen in Deutschland sei
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kostspielig – tropische Temperaturen bis zu 29 Grad, Salz- und Sauerstoffgehalt des Wassers
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seien nur einige energieaufwendige Beispiele.
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Seine Kunden bezahlten die Mehrkosten gern, weil sie die Verantwortung für nachhaltigen
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Konsum auch bei sich sehen. Sie entschieden sich bewusst für eine teurere, frischere
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Variante: „Manche von unseren Kunden haben seit Jahren keine Garnelen mehr gegessen,
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weil sie die Produktionsweise anderer Länder nicht unterstützen wollen.“
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Jedoch liegen die unmittelbare Verantwortung für das Tierwohl und ökologische Faktoren beim
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Produzenten selbst, sagt der Ethikphilosoph Peter Kunzmann, der gerade für das
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Bundeslandwirtschaftsministerium ein Beratungsprojekt zum Thema „Verantwortung für die
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Nutztierhaltung“ abgeschlossen hat: „Andere Akteure (Handel, Industrie, Verbraucher) sind
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eher dafür verantwortlich, dass er dafür Bedingungen vorfindet, wie er seine Tiere tiergerecht
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halten kann“, sagt er. Eine Kreislaufanlage mitten in Deutschland könne ein hilfreiches Projekt
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sein, wenn sie dazu führe, dass die Leute lokaler denken, sagt Holger Kühnhold, der am
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Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung in Bremen tätig ist. Problematisch sei, dass der
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Entscheidungsfaktor für die meisten Konsumenten immer noch der Preis sei. Deswegen, so
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der Aquakulturexperte, werde die importierte Garnele in Massen produziert. Das schade nicht
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nur der Natur, sondern verkenne auch ihren Wert als Lebewesen.
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50.000 Tonnen Garnelen werden jährlich nach Deutschland importiert, aber nur 100 Tonnen
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hier produziert. Kühnhold stellt fest: „Letzten Endes müssen wir den Konsum tierischen
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Eiweißes insgesamt runterschrauben, lokale Betriebe können und sollten nicht an die Summe
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importierter Garnelen herankommen.“
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Denn hier stellt sich für Kühnhold die Frage, wie viel Nahrung, Lebewesen und Natur den
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Menschen insgesamt wert sind. Kühnhold ist sich sicher: „Der wahre Preis der Garnele ist
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jener, den die lokalen Betriebe einfordern – Qualität und Nachhaltigkeit haben ihren Wert und
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dafür ist die Garnelenproduktion ein sehr gutes Beispiel.“


583 Wörter
Theiding, L. (2021, 27. März). Garnelen made in Gronau und ihr wahrer Wert. taz.
*Sprachliche Fehler in der Textvorlage wurden entsprechend der geltenden Norm korrigiert.

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