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Inhaltsverzeichnis

Sprachmittlung

Situation
For an international youth project that deals with different approaches to civic engagement in countries all over the world, you have been asked to provide a German perspective on the matter.
Task
Write a blog entry for the project website in which you summarize the different views on the proposal of compulsory community work in Germany.


„Etwas fürs Land tun“: Debatte über sozialen Pflichtdienst

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Regelmäßig kocht in Deutschland eine Diskussion darüber hoch, ob Menschen einen
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Pflichtdienst absolvieren sollen, beispielsweise im sozialen Bereich. Dieses Mal hat
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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Debatte angestoßen. Der Vorschlag stößt
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allerdings weitgehend auf Ablehnung.
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„Es geht um die Frage, ob es unserem Land nicht guttun würde, wenn sich Frauen und
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Männer für einen gewissen Zeitraum in den Dienst der Gesellschaft stellen“, hatte
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Steinmeier der „Bild am Sonntag“ gesagt. […]
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Momentan leisten annähernd 100.000 Menschen einen Jugend- oder Bundesfreiwilligen-
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dienst – vorwiegend junge Leute. Pläne, eine Dienstpflicht einzuführen, gibt es einem
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Regierungssprecher zufolge nicht. Die Freiwilligendienste sollten aber „nachfragege-
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recht“ ausgebaut werden. […]
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Wohlfahrtsverbände machten ebenfalls deutlich, dass sie von Pflicht­einsätzen nichts
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halten. Dann müsste man auch „Menschen rekrutieren, die überhaupt keine Lust haben
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und vielleicht auch ungeeignet sind. Das wollen wir nicht“, sagte der Hauptgeschäfts-
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führer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider, im SWR. Das könne
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beispielsweise in einem Pflegeheim den Bewohnern und Angehörigen nicht zugemutet
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werden.
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Steinmeier hatte die Debatte mit der Begründung angestoßen, dass eine Dienstpflicht
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die Gemeinschaft stärken könnte: „Gerade jetzt, in einer Zeit, in der das Verständnis
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für andere Lebensentwürfe und Meinungen abnimmt, kann eine soziale Pflichtzeit
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besonders wertvoll sein. Man kommt raus aus der eigenen Blase, trifft ganz andere
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Menschen, hilft Bürgern in Notlagen. Das baut Vorurteile ab und stärkt den Gemein-
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sinn.“
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Für eine solche Sicht der Dinge gebe es „beachtliche Argumente“, sagte der ehemalige
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Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. Der
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heutige Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung kritisierte eine „bemerkenswert
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schnelle und schroffe Reaktion“ auf den Vorstoß. Die Ablehnung sei „voreilig“.
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Doch selbst, wenn es den politischen Willen gäbe, eine Dienstpflicht einzuführen: Die
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Umsetzung wäre schwierig. Nach Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes des
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Bundestags müsste das Grundgesetz geändert werden. Dafür bräuchte es Zweidrittel-
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mehrheiten in Bundestag und Bundesrat.
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In Grundgesetz Artikel 12 steht: „Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen
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werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffent-
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lichen Dienstleistungspflicht.“ Unter „herkömmlich“ fallen demnach nur Bereiche wie
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Feuerwehr oder Deichschutz. Justizminister Marco Buschmann (FDP) brachte noch ein
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anderes Argument: „Wir leiden überall unter Fachkräftemangel. Da gehören junge
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Menschen in Ausbildung, Studium oder Beruf, nicht in Beschäftigungstherapie.“
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Bundesratspräsident Bodo Ramelow (Linke) hat in der Debatte um die soziale
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Dienstpflicht Parallelen zur Schulpflicht gezogen. „Statt reflexartig einfach nur auf dem
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Bundespräsidenten rumzuhacken und wieder von neuem Zwang zu reden und dabei die
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Schulpflicht einfach auszublenden, werbe ich dafür, mit ein bisschen mehr Gelassenheit
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das Thema anzugucken“, sagte Ramelow der Deutschen Presse-Agentur. Die Schul-
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pflicht sei auch ein Zwang und der Staat greife in das Leben von jungen Menschen ein.
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Er frage sich, weswegen man nicht noch ein Jahr mehr „dazudefinieren“ könne.
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Ramelow hatte sich bereits in der Vergangenheit immer wieder für eine Pflichtzeit für
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junge Erwachsene ausgesprochen. Seiner Meinung nach könne das eine Zeit zwischen
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neun und zwölf Monaten bedeuten für alle Menschen zwischen 18 und 25 Jahren. „Das
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kann das Soziale sein, das kann das Ökologische sein, das kann das Militärische sein“,
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sagte er. Wichtig sei, dass es kein verlorenes Jahr sei – sondern etwa bei einer Aus-
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bildung anerkannt werden könne. Steinmeier hatte in dem Interview mit der „Bild
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am Sonntag“ allgemein von einer Pflichtzeit gesprochen, nicht explizit für junge Leute.
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Jugendorganisationen verschiedener Parteien wiesen Steinmeiers Vorschlag zurück. Die
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Vorsitzende der SPD-Jugendorganisation Jusos, Jessica Rosenthal, nannte die Debatte
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auf dem Nachrichtenportal „Watson“ „abstrus und aus der Zeit gefallen“. Einen Pflicht-
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dienst einzufordern, sei „ein Schlag ins Gesicht aller jungen, engagierten Menschen“.
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Franziska Brandmann von den Jungen Liberalen sagte, eine Dienstpflicht einzuführen,
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sei übergriffig. Bürgerinnen und Bürger arbeiteten in der Regel jahrzehntelang und
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befähigten durch hohe Steuern und Abgaben den Staat dazu, seinen Aufgaben nachzu-
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kommen.
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Junge Menschen in Deutschland sehen einer Umfrage zufolge eine allgemeine
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Dienstpflicht ebenfalls eher skeptisch. 49 Prozent der 16- bis 26-Jährigen sind demnach
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dagegen, 40 Prozent befürworten eine solche Pflicht, wie eine Befragung der
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TUI Stiftung zeigt.


Deutsche Presse-Agentur, „,Etwas fürs Land tun': Debatte über sozialen Pflichtdienst“, in: Zeit Online, 13.06.2022;
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