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Aufgabe 2.2

Task

You are taking part in the “International Youth Media Summit 2025,” which aims to push boundaries and break barriers in the media.

Write an article for the project website in which you sum up the information on the series “Sam – A Saxon” and about diversity in the German film industry.

TEXT

Auszug aus dem Interview
Tyron Ricketts: „Es müssen Plätze am Tisch freigeräumt werden“

„Geschichten, die das Leben schreibt“ ist eine gern verwendete Phrase. Im Fall von „Sam – Ein Sachse“ hat sich das Leben eine Handlung ausgedacht, mit der ein Drehbuchautor wohl kaum durchgekommen wäre.
Von Doreen Hinrichs

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Die Serie, die seit Mittwoch auf Disney+ zu sehen ist, beruht auf der Lebensgeschichte von
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Samuel „Sam“ Njankouo Meffire. 1970 als Sohn eines Studenten aus Kamerun in der Nähe
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von Leipzig geboren, wurde er als erster Schwarzer in der DDR Volkspolizist, nach der
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Wende Medienstar und Werbegesicht, rutschte später in die Kriminalität ab – um nach seiner
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Zeit im Gefängnis als Sozialarbeiter und Autor ein neues Leben zu beginnen.
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Mitverantwortlich dafür, dass das Leben von Meffire nun als erste deutsche Produktion des
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Streamingdienstes zu sehen ist, ist Tyron Ricketts. […]
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Herr Ricketts, wann und wie wurden Sie auf die Lebensgeschichte von Sam Meffire
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aufmerksam?
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Tyron Ricketts: Ich war Rapper und Teil der Rap-Combo „Brothers Keepers“. Wir hatten
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damals einen Song „Adriano (Letzte Warnung)“ (2001) – ein sehr politisches Stück. […] Wir
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brauchten Sicherheit – und Samuel Meffire und seine Crew waren unsere Security. Damals
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hat mir Samuel seine Geschichte erzählt und ich war schon zu dem Zeitpunkt fest davon
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überzeugt, dass wir unbedingt eine Möglichkeit finden müssen, sie auf die Leinwand zu
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bekommen. Es hat dann aber sehr lange gedauert – der Markt war noch nicht so weit. 2006
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habe ich zum ersten Mal versucht, mit Jörg Winger, damals mein Produzent bei „Soko
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Leipzig“, eine Firma daraus zu machen. Es hieß dann: „Ja, eine tolle Geschichte, aber noch
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ein schwarzer Schauspieler in der Hauptrolle will das Publikum nicht sehen.“ Und es hat
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dann tatsächlich 22 Jahre gedauert […].
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Hat sich denn genug verändert in diesen letzten 20 Jahren?
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Es ist Bewegung drin. Wir erzählen heutzutage Geschichten anders; die Streamer haben mit
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dafür gesorgt, dass andere Perspektiven angenommen werden. Und auch die Diskussion in
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der Gesellschaft ist durch die Digitalisierung in Bewegung. Und es gibt MeToo, Fridays for
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Future, Black Lives Matter. Wir wissen, dass es strukturellen Rassismus gibt, und dass wir
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auch wenn es nicht intendiert ist – rassistisch handeln können. Das ist ja schon mal eine
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ganz andere Diskussionsgrundlage als noch vor 30 Jahren.
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Die Besetzung von Rollen ist ja nur eine Seite – wie sieht es hinter den Kulissen aus?
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Dort, wo sich die Macht konzentriert, wo Entscheidungen getroffen werden?
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Also viel getan hat sich da noch nicht, um ehrlich zu sein. Es dauert, bis alte Strukturen
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aufbrechen und durchlässig werden. Diversität ist ja da – mittlerweile haben 27,3 Prozent der
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deutschen Bevölkerung Migrationsgeschichte. Was aber hermuss, ist Inklusion. Um bei TV-
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und Filmproduktion zu bleiben: Es reicht natürlich nicht, vorne zwei, drei Gesichter aus
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marginalisierten Gruppen hinzusetzen. In der gesamten Entstehungsgeschichte eines
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Projekts müssen an verschiedenen Stellen Plätze am Tisch freigeräumt werden, um
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tatsächlich Inklusion zu leben. Ich denke, das ist zum einen nur erreicht und demokratisch –
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und zum anderen werden auch die Geschichten besser. Denn wenn man sich zum Beispiel
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die Position des Produzenten oder Drehbuchautors anschaut, da geht's ja nicht in erster
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Linie nur um Hautfarbe, sondern um das Verständnis der Erlebnisse, um ein Verständnis
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der Kultur. Und es ist natürlich authentischer, dreidimensional und bunter, wenn da an
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unterschiedlichen Schritten der Produktion unterschiedliche Stimmen beteiligt sind. […]
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Nicht selten wird auch ein Ensemble als divers verkauft, doch bei genauerem
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Hinschauen ist die Besetzung reichlich klischeehaft – ob arabischstämmiger Terrorist
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oder schwarzer Gangster.
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Ja, man verfällt leicht in Klischees, wenn im Writers Room niemand sitzt, der wirklich Einblick
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in diese Welt hat. Wenn zum Beispiel fünf Männer eine Geschichte über eine schwangere
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Frau schreiben, ist es bestimmt auf die ein oder andere Art interessant – hat aber
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wahrscheinlich nichts mit dem zu tun, was wirklich passiert, weil die Erfahrungswerte nicht
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da sind. Wir haben explizit darauf geachtet, dass der Writers Room wirklich divers ist. Nicht
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nur im Sinne von schwarz-weiß, sondern dass eine Hälfte weiblich und eine Hälfte männlich
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ist; dass eine Hälfte aus Ostdeutschland und die andere Hälfte aus dem Westen kommt. Das
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hat natürlich zu vielen Diskussionen geführt. Aber aus diesen Diskussionen ist eine sehr
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authentische und autonome Geschichte entstanden.


(634 Wörter)
Hinrichs, Doreen. „Tyron Ricketts: ‚Es müssen Plätze am Tisch freigeräumt werden.‘“ GMX. 27. April 2023. Zugriff am 28. April 2023 von Quelle (Sprachliche Fehler in der Textvorlage wurden entsprechend der geltenden Norm korrigiert.)

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