HT 2
Evolution von Yuccamotten und Yuccapalmen
Zu den Yuccapalmen gehört eine Vielzahl von Arten, die in Nordamerika verbreitet sind. Sie werden von Yuccamotten bestäubt, die in den Blüten der Yuccapalmen ihre Eier ablegen. Die Evolution dieser biotischen Beziehung ist Gegenstand aktueller Forschung.Gib eine Definition für den Begriff der reproduktiven Fitness an.
Erkläre vor diesem Hintergrund die Vorteile der aktiven Bestäubung für Yuccamotten und Yuccapalmen (M 1).
Fasse die in M 2 dargestellten Ergebnisse zusammen.
Erläutere, inwiefern es sich bei der Beziehung zwischen den in M 2 genannten Yuccapalmen und Yuccamotten um Koevolution handelt (M 1 und M 2).
Erläutere jeweils zwei Selektionsvorteile und Selektionsnachteile für Tegeticula intermedia, die sich aus ihren in M 3 beschriebenen Verhaltensmerkmalen ergeben (M 1 und M 3).
Gib jeweils die Kombinationen der Verhaltensmerkmale für T. synthetica, T. casandra, T. corruptrix und T. intermedia an (Abbildung 3).
Analysiere den phylogenetischen Stammbaum im Hinblick auf die Entwicklung der im Stammbaum dargestellten Verhaltensmerkmale (M 1 und M 3).
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monatlich kündbarSchulLV-PLUS-Vorteile im ÜberblickDu hast bereits einen Account?M 1 Yuccapalmen und Yuccamotten
A Übersicht
B Detail im Längsschnitt
M 2 Angepasstheiten von Yuccamotten und Yuccapalmen
Im Verbreitungsgebiet der Yuccamotte T. antithetica wächst die Yuccapalme Yucca jaegeriana. Die Yuccamotte T. synthetica kommt hingegen im gleichen Verbreitungsgebiet wie die Yuccapalme Y. brevifolia vor. Die Verbreitungsgebiete sowohl der beiden Yuccamotten-Arten als auch der Yuccapalmen-Arten grenzen aneinander und überlappen in einem kleinen Gebiet. Die Legeröhren verschiedener Yuccamotten-Arten weisen artspezifische Längen auf. Die Längen der Legeröhren von T. antithetica und T. synthetica wurden jeweils ermittelt. Auch die Griffel der jeweils besuchten Yuccapalmen-Blüten sind je nach Art unterschiedlich lang. Die Längen der Griffel der jeweils besuchten Blüten bei Y. brevifolia und Y. jaegeriana wurden ebenfalls bestimmt. Aus den ermittelten Messwerten wurden Wertepaare gebildet. Diese sind in Abbildung 2 dargestellt.
M 3 Verwandtschaftsverhältnisse der Yuccamotten
Im Unterschied zu T. synthetica und T. antithetica übertragen die beiden Yuccamotten-Arten T. corruptrix und T. intermedia keine Pollen. Bei ihnen sind die pollenübertragenden Mundwerkzeuge reduziert. Beide Arten unterscheiden sich in ihrem Eiablageverhalten. T. corruptrix sticht den Stempel mithilfe ihres Legestachels an und legt die Eier in die Stempel ab. T. intermedia sticht den Stempel nicht an und legt die Eier außen auf den Stempeln ab. Die geschlüpften Larven fressen sich durch den Griffel bis in die Samenanlage. Beide Arten wählen solche Blüten aus, in denen bereits sich entwickelnde Früchte enthalten sind. Die Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb der Gattung Tegeticula sind in Abbildung 3 gezeigt. Die Kombinationen der Verhaltensmerkmale des Eiablageverhaltens und des Bestäubungsverhaltens sind den einzelnen Arten zugeordnet.
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monatlich kündbarSchulLV-PLUS-Vorteile im ÜberblickDu hast bereits einen Account?Reproduktive Fitness und Vorteile für Motten und Palmen:
Reproduktive Fitness bezeichnet den Beitrag eines Individuums zu den Nachkommen der nächsten Generation, gemessen an überlebenden, fortpflanzungsfähigen Nachkommen. Für die Yuccapalmen liegt der Vorteil der aktiven Bestäubung darin, dass ihre Blüten trotz geringen Pollens und kaum Nektar zuverlässig bestäubt werden. Zusätzlich profitieren sie davon, dass die Samen über die Motten weiterverbreitet werden können: Zum einen werden stark beschädigte Früchte abgeworfen und gelangen so an den Boden, zum anderen können Samen über die Larven oder adulten Motten nach dem Verlassen der Frucht weiter transportiert und im Boden verteilt werden. Für die Yuccamotten wiederum besteht der Vorteil darin, dass ihre Eier direkt an einem sicheren und nahrungsreichen Ort abgelegt werden, da die sich entwickelnden Früchte Nahrung für die Larven bereitstellen. Damit erhöht die Interaktion für beide Partner den Fortpflanzungserfolg: Die Pflanzen erhalten Bestäubungs- und Verbreitungssicherheit, während die Motten ihren Nachkommen optimale Überlebenschancen sichern.Angepasstheiten in Griffel- und Legeröhrenlänge:
Die Daten aus M2 zeigen, dass zwischen den Längen der Legeröhren der Yuccamotten und den Griffellängen der jeweiligen Yuccapalmen keine exakte Übereinstimmung besteht, wohl aber eine deutliche Tendenz: Die kürzeren Legeröhren von Tegeticula antithetica treten fast ausschließlich bei Blüten von Yucca jaegeriana mit entsprechend kürzeren Griffeln auf, während die längeren Legeröhren von T. synthetica überwiegend an den deutlich längeren Griffeln von Y. brevifolia gemessen wurden. In den Messpunkten finden sich zwar einzelne Überlappungen und Ausreißer, wie etwa ein besonders hoher Wert bei T. antithetica oder ein niedriger Wert bei T. synthetica. Dennoch bestäuben beide Mottenarten trotz angrenzender und teilweise überlappender Verbreitungsgebiete ausschließlich ihre jeweilige Pflanzenart. Dies zeigt eine artspezifische, funktionelle Anpassung: Jede Motte besitzt eine Legeröhrenlänge, die optimal an den Griffelkanal „ihrer“ Yuccapalme angepasst ist. Damit sind Palme und Bestäuber trotz gewisser Variabilität der Merkmale morphologisch so aufeinander abgestimmt, dass eine erfolgreiche Eiablage und Bestäubung jeweils nur innerhalb des artspezifischen Paares möglich ist.Koevolution von Palmen und Motten:
Koevolution bedeutet, dass zwei Arten sich gegenseitig beeinflussen und sich dadurch gemeinsam weiterentwickeln. Bei Yuccapalmen und Yuccamotten liegt eine Symbiose vor. Beide Arten haben einen Vorteil davon. Die Motten erhalten einen sicheren Ort für die Eiablage und Nahrung für ihre Larven. Die Palmen werden zuverlässig bestäubt. Die Anpassungen zeigen sich unter anderem an den passenden Längen von Legeröhre und Griffel. Wenn sich bei einer Art durch eine Mutation die Länge verändert, beeinflusst das den Fortpflanzungserfolg der anderen Art. Eine Motte mit etwas längerer Legeröhre kann nur Palmen bestäuben, deren Griffel dazu passen. Eine Palme mit veränderter Griffellänge kann nur von Motten bestäubt werden, deren Legeröhre die passende Länge hat. Auf diese Weise reagieren beide Arten immer wieder auf Veränderungen der jeweils anderen. Das führt zu einer gemeinsamen evolutionären Entwicklung. Genau das beschreibt den Prozess der Koevolution.Selektionsvorteile und -nachteile für T. intermedia:
Ein Selektionsvorteil oder Selektionsnachteil beschreibt, wie stark ein Merkmal den Fortpflanzungserfolg einer Art beeinflusst. Ein Vorteil liegt vor, wenn das Merkmal die Chance erhöht, überlebende Nachkommen zu erzeugen. Ein Nachteil liegt vor, wenn es die Fitness verringert. Bei T. intermedia gibt es mehrere mögliche Vorteile. Ein Vorteil besteht darin, dass die Weibchen bei der Eiablage den Stempel nicht verletzen. Die Pflanze wirft die Frucht deshalb nicht ab. Dadurch bleibt die Frucht stabil und die Larven haben die Möglichkeit, sich zu entwickeln. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Larven bereits gebildete Früchte nutzen können. Das funktioniert, weil die Eier nicht im Griffel abgelegt werden und dadurch keine Gefahr besteht, den Stempel zu beschädigen. Es gibt aber auch Nachteile. Die Art führt keine aktive Bestäubung durch. Die Pflanze profitiert daher weniger stark als bei Mottenarten, die den Pollen aktiv übertragen, auch wenn eine gewisse Samenverbreitung weiterhin stattfindet. Ein weiterer Nachteil ist, dass T. intermedia auf Früchte angewiesen ist, die von anderen Bestäubern gebildet wurden. Das erhöht die Konkurrenz und macht den eigenen Fortpflanzungserfolg unsicher. Andere gut begründete Vor- und Nachteile sind ebenfalls möglich, solange sie den Zusammenhang zwischen Verhalten und Fitness korrekt wiedergeben.Kombination von Verhaltensmerkmalen und Analyse des Stammbaums:
Die Yuccamottenarten unterscheiden sich darin, wie sie bestäuben und wie sie ihre Eier ablegen. T. synthetica bestäubt die Blüte aktiv und sticht den Stempel an, um die Eier im Gewebe zu platzieren. T. casandra verhält sich genau umgekehrt. Sie bestäubt aktiv, sticht den Stempel jedoch nicht an. T. corruptrix bestäubt die Blüte nicht und sticht den Stempel für die Eiablage an. T. intermedia bestäubt ebenfalls nicht und sticht den Stempel auch nicht an. Die Eier werden bei ihr außen auf dem Stempel abgelegt. Der phylogenetische Stammbaum zeigt, dass die ursprüngliche Kombination innerhalb der Gattung aus aktiver Bestäubung und Anstechen des Stempels bestand. Die meisten Arten besitzen diese Merkmalskombination noch heute. Die Arten, die davon abweichen, stammen von einem gemeinsamen Vorfahren ab und bilden eine eng verwandte Gruppe. Diese Gruppe zeigt neue Verhaltensweisen, die sich im Laufe der Evolution entwickelt haben. Die Rekonstruktion legt nahe, dass sich zunächst das fehlende Anstechen entwickelt hat. Das fehlende aktive Bestäuben trat später in einzelnen Linien wie T. corruptrix und T. intermedia auf und ist im Vergleich dazu seltener. Das Eiablageverhalten von T. intermedia kann als Anpassung verstanden werden. Das Ablegen der Eier auf der Außenseite vermeidet Verletzungen des Stempels. Damit sinkt das Risiko, dass die Palme die Frucht abwirft. Insgesamt zeigt das Material eine Entwicklung von einer mutualistischen Beziehung zwischen Palmen und Motten hin zu Linien, die nur teilweise bestäuben oder die Bestäubung vollständig aufgegeben haben. Diese Veränderungen betreffen ausschließlich die Mottenarten und spiegeln unterschiedliche evolutionäre Strategien innerhalb der Gruppe wider.