Aufgabe 2
Analyse eines literarischen Textes mit weiterführendem Schreibauftrag
Thema: Hilmar Klute (*1967): Es ist uns kein Anliegen Aufgabenstellung:- Analysiere den Text. Berücksichtige dabei den Argumentationsgang, die sprachlich-stilistische Gesaltung sowie die Intention des Textes.
(ca. 80 %) - Beurteile die Überzeugungskraft der Argumentation von Hilmar Klute. (ca. 20 %)
1
Das Reden über Literatur ist seit einiger Zeit wieder aufgeregt und aufgeladen, einerseits weil
2
alles nur noch aufgeregt und aufgeladen ist, andererseits: weil einige Menschen derzeit wieder
3
vieles von der Literatur fordern. Die einen möchten, dass literarische Texte mit der Sprache
4
eine Gerechtigkeit herstellen, die wünschenswert ist, die es in der Wirklichkeit aber leider nicht
5
immer gibt. Andere wünschen sich, dass Autoren möglichst rasch und eindeutig die Karten auf
6
den Tisch legen, wie sie zur Genderfrage stehen, welche Kerben die Corona-Maßnahmen in
7
ihren inneren Bildschirm geschlagen haben und ob sie auch auf die Lieferung der sortenreinen
8
Edelhölzer für den Kamin in ihrer Schreibhütte warten oder etwa nicht. Dringend erwartet wird
9
unterdessen auch endlich der Roman zum Klimawandel.
10
Zuletzt angemahnt wurde dieser Roman in der Zeit, wo Bernd Ulrich immer wieder nervös auf
11
die Uhr schaut, auf der es aber immer noch fünf vor zwölf ist. Höchste Zeit, dass die deutschen
12
Autorinnen und Autoren sich jetzt mal sputen. Wie kann es sein, dass sich die deutschen
13
Schrifitsteller so störrisch geben und den Roman über unser wichtigstes Anliegen, den
14
Klimaschutz, verweigern? Wissen sie denn nicht: Erst wenn auch die erzählende Literatur
15
klimaneutral ist, kann der C02-Ausstoß um das notwendige Drittel gesenkt werden.
16
Ist nicht aber andererseits das Schöne an der schönen Literatur zum Beispiel dieses Herbstes
17
der Umstand, dass sie so gut wie nichts über das blöde Coronavirus und dessen Folgen für
18
Mensch, Wohnung und Katze bereitgestellt hat? Es gibt, jedenfalls gilt das für die in den
19
Feuilletons besprochenen Bücher, bis jetzt noch keinen Roman über Autos, die auf schmutzigen
20
Fluten durch Häusergassen treiben , keinen über dösige Impfverweigerer wie Kimmich. Es
21
erschien nicht einmal eine satirische Novelle, in der ein maliziös lächelnder, gespenstisch
22
lässiger Sozialdemokrat vorkommt, den noch ein paar Wochen vor der Wahl alle ausgelacht
23
haben für seine bizarre Kanzlerkandidatur, und der jetzt Bundeskanzler wird, was wirklich noch
24
vor wenigen Minuten kein einziger Zukunftsforscher, geschweige denn die Qualitätspresse oder
25
Bernd Ulrich für möglich gehalten hätte, nicht wahr?
26
Viele Bücher dieses Herbstes handeln stattdessen auf eindringliche oder sogar besonders
27
schöne Weise von unserer Gegenwart, von den Geistern, die seit Jahrhunderten in uns hocken
28
und uns daran erinnern, wie sehr wir auch Kinder der Geschichte unserer Mütter und Väter sind
29
- Henning Ahrens etwa erzählt davon in seiner überhellen realistischen Art in seinem neuen
30
Roman „Mitgift" (Klett-Cotta).
31
Es gibt im - vor allem deutschen - Kulturbetrieb die seltsame Neigung, Schriftsteller entweder
32
gering zu schätzen oder sie gleich zu Orakeln zu erklären. Wann gab es je so viele Statements,
33
offene Briefe, Unterschriftenlisten von Autoren zu sämtlichen tagesaktuellen Anliegen? Und
34
warum noch mal brauchen wir Schriftsteller, wie es in der Zeit heißt, gerade jetzt so dringend?
35
Wieso nicht gestern? Oder morgen?
36
Schriftsteller haben eigentlich die nur von sich selbst an sich selbst gestellte Aufgabe, Bücher
37
zu schreiben. Dass sie sich jenseits davon in Debatten einmischen oder Bücher zu aktuellen
38
Debatten schreiben müssten, ist ein gelernter Anspruch der spätmodernen Konsumgesellschaft,
39
die weiß, dass es für jeden Blödsinn, den sie macht, auch einen verlässlichen Kritiker gibt. In
40
der alten Bundesrepublik haben Schriftsteller diese Kritikerrolle gerne gespielt, weil sie auch
41
Teilhabe an der politischen Macht bedeuten konnte, selbst wenn sich diese Autoren im
42
Widerspruch zur Macht begriffen haben oder eben der SPD-Unterstützer Günter Grass mit
43
seinen ständigen unbequemen Einmischungen seinem Heiden Willy Brandt in Wahrheit
44
massiv auf die Nerven ging. Nicolas Born, der ein wichtiger Autor der 70er-Jahre war, stellt in
45
einem Aufsatz irgendwann entnervt die Frage, ob die Literatur eigentlich auf die Misere
46
abonniert sei.
47
Born bejaht die Frage und erinnert daran, dass ein Autor, der zur Realität nichts weiter als den
48
passenden Realismus zu bieten hat, in der poetischen Falle sitzt. Der gesellschaftskritische
49
Autor, schreibt er, „kann nicht verhindern, dass er zum Gewohnheitskritiker wird und zum
50
kritischen Partner der Macht". Natürlich sind dies Kämpfe vergangener Zeiten.
51
Aber man könnte die Forderung nach einer Klimakrisen-Literatur spaßeshalber ja ernst nehmen
52
und sich dann vorstellen, welche Art von Erzählung eigentlich dabei herumkommen soll. Es
53
würde, wenn es nach dem Begleitmusik-Wunsch der Aktivisten geht, tatsächlich eine Literatur
54
der Misere entstehen, jeder Roman müsste doch ein hoffnungsloses Endzeit-Panorama
55
entfalten, in der Klimadiskussion sind Utopien nicht sehr populär - und gerade eben erfahren
56
wir, dass wir sogar im Pandemiejahr 2020 hoffnungslos viel Treibhausgas ausgestoßen haben,
57
wie soll das erst werden, wenn die Leute alle wieder in den Urlaub fliegen und an Bord Fleisch
58
essen? Ein Autor, der dagegen eine Welt beschriebe, in der sich Menschen den veränderten
59
Klimabedingungen angepasst haben und - mag sein mit großen Schwierigkeiten - trotzdem ein
60
Leben führen, wird sich aus dem Leugnungsvorwurfnur mühsam winden können.
61
Wer mit der Autorität des Kulturplatzanweisers fordert, die Literatur möge sich bitte auf das
62
kaprizieren, was im Augenblick die Welt (also: ihn) bewegt - ahnt er denn noch das
63
komplizierte Gewebe, aus dem literarische Texte gemacht sind? Ein Roman ist das Produkt von
64
sehr unterschiedlichen, mitunter einander widerstrebenden Energien, von soziologischen
65
Umständen, biografischen Zwängen und poetologischen Positionen. Wer nun, zum Beispiel,
66
aus Christa Wolfs „Störfall" allen Ernstes einzig eine Kritik an der Atomindustrie liest, der tut
67
Christa Wolf wirklich böse Unrecht.
68
Der Wunsch, die Literatur möge einem großen Ganzen dienen, einem höheren Interesse, zum
69
Wohle aller, ist nicht neu, und er erfüllte sich auch regelmäßig in der Gestalt sogenannter
70
engagierter Autoren. Im Jahr 1930 führte der große Lyriker und unglückliche Hautarzt Gottfried
71
Benn, der den reinen Kunstanspruch an die Literatur erhob und deshalb leider wegen Elite- und
72
Auslesewahnsinn kurzzeitig an die Nazis geriet, ein Gespräch mit dem parteidienerischen
73
kommunistischen Lyriker Johannes R. Becher. Benn fragte mit seiner raffiniert hinterfotzigen
74
Sprechstundenstimme Becher, was dieser mit seiner Literatur denn eigentlich erreichen wolle.
75
Becher: „Ich diene mit meinen Dichtungen ausschließlich der geschichtlichen Bewegung, von
76
deren Durchbruch in der Zukunft das Schicksal der gesamten Menschheit abhängt." Nicht dass
77
Benn als moralisches Vorbild taugt. Aber aus Becher ist literarisch gleich mal nichts mehr
78
geworden. Einfluss hatte er nur noch als Kulturminister der DDR, seine Gedichte waren nichts
79
als Kaderkitsch und leere Rhetorik.
80
Übrigens liegt im bebenden Pathos der Klimaaktivisten, das ja immer auch die Rührung am
81
eigenen Zutun mit sich trägt, womöglich mehr Literatur als in der Vorstellung der Welt als
82
Wüste aus Sand und Meer. Dieses Pathos, schöne Buchidee ...
Anmerkung zum Autor:
Hilmar Klute ist Journalist und Schriftsteller. Aus: Klute, Hilmar (26.10.2021): Es ist uns kein Anliegen, letzter Zugriff am 13.02.2022.
Weiter lernen mit SchulLV-PLUS!
monatlich kündbarSchulLV-PLUS-Vorteile im ÜberblickDu hast bereits einen Account?Teilaufgabe 1
Einleitung
- Bei dem vorliegenden Textauszug von Hilmar Klute mit dem Titel Es ist uns kein Anliegen handelt es sich um einen Essay.
- Darin setzt sich der Autor kritisch mit den zeitgenössischen Erwartungen an Literatur sowie der Rolle der Schriftsteller*innen in der Gesellschaft auseinander.
Hauptteil
Inhaltliche Analyse (Argumentationsgang und Intention)- Klute beginnt mit einer Reflexion über die aktuellen Debatten und Forderungen an die Literatur, die zunehmend politische und gesellschaftliche Themen adressieren soll (Vgl. Z. 1-15). Der Autor macht deutlich, dass die Literatur von verschiedenen Seiten unter Druck gesetzt wird, spezifische Themen aufzugreifen und klare Positionen zu beziehen. Darunter fallen Themen wie die „Genderfrage“ (Z. 6), „Corona-Maßnahmen“ (Z. 6) und „Klimawandel“ (Z. 9). Klute erwähnt beispielsweise die Forderung von Bernd Ulrich nach einem Klimaroman (Vgl. Z. 8 ff.).
- Im nächsten Abschnitt hinterfragt der Autor sowohl die Dringlichkeit als auch die Relevanz solcher überhöhten Erwartungen in Bezug auf die eigentliche Aufgabe der Literatur. Der Autor ironisiert die angebliche Verweigerungshaltung der deutschen Autor*innen (Vgl. Z. 11-14). Es wird beschrieben, dass aktuelle Literatur überraschenderweise nicht die großen aktuellen Themen wie Corona und Klimawandel behandelt. Statt Romanen über Corona-Impfverweigerer oder die aktuelle politische Lage werden allgemeine menschliche und historische Themen betrachtet (Vgl. Z. 16-30). An dieser Stelle schwingt ebenfalls eine leichte Ironie des Autors mit, um die Diskrepanz zwischen Erwartung und Realität zu verdeutlichen (Vgl. Z. 16-25).
- Er argumentiert weiter, dass Schriftsteller*innen traditionell die primäre Aufgabe haben sollten, literarische Werke zu schaffen, die weit über aktuelle politische oder soziale Debatten hinausgehen. Die Einmischung in solche Themen wird von Klute als eine künstlich geschaffene Erwartung der modernen Konsumgesellschaft betrachtet, die Schriftsteller*innen in eine Rolle drängt, die nicht zwangsläufig ihrer eigentlichen kreativen Natur entspricht (Vgl. Z. 31-46). Laut Klute werden Autor*innen entweder überhöht oder unterschätzt (Vgl. Z. 32). Dass Literatur nicht nur aktuelle Themen behandeln sollte, macht er bereits wenige Zeilen zuvor am Beispiel von Henning Ahrens' Werk „Mitgift“ deutlich (Vgl. Z. 29 ff.).
- Laut Klute sollten Schriftsteller*innen hauptsächlich Bücher schreiben und nicht primär als politische Akteure agieren (Vgl. Z. 36-39). In seinem Text blickt er zurück auf die Rolle von Schriftsteller*innen in der alten Bundesrepublik und die kritische Rolle von Autoren wie Günter Grass (Vgl. Z. 40-46).
- Autoren, die nur realistisch und gesellschaftskritisch schreiben, geraten laut Klute in eine „poetische Falle“ (Z. 48). Der Autor führt das Zitat von Nicolas Born an, in dem es um die Gefahr geht, dass Autoren zu „Gewohnheitskritiker[n]“ (Z. 49) werden.
- Ein zentrales Gedankenspiel in Klutes Essay ist außerdem die Idee einer „Literatur der Misere“ (Vgl. Z. 51-60), die scheinbar von Aktivist*innen gefordert wird, die literarische Werke als Plattform für die Darstellung und Kritik gesellschaftlicher Probleme nutzen möchten. Als Beispiel führt er die Klimakrisen-Literatur an, welche eine trostlose und düstere Perspektive liefern würde (Vgl. Z. 54 ff.). Klute hinterfragt auch hierbei die Sinnhaftigkeit und künstlerische Freiheit solcher Forderungen.
- Weiterhin definiert der Autor seine Vorstellung eines gelungenen Romans, der nicht nur zeitgemäß ist, sondern auch literarische Qualität und künstlerische Tiefe besitzt (Vgl. Z. 61-67). Laut Klute sind literarische Texte komplexe Produkte, die nicht auf einfache Botschaften reduziert werden können (Vgl. Z. 61-67). Als Beispiel führt er Christa Wolfs Werk Störfall an, das nicht nur eine Kritik an der Atomindustrie darstellt. Damit appelliert er an das Verständnis für die Vielschichtigkeit literarischer Werke (Vgl. Z. 61-67).
- Klute macht deutlich, dass die Forderung nach engagierter Literatur nicht neu, aber sehr wohl problematisch ist. Beispielsweise nennt er Johannes R. Becher, der mit seiner politisch engagierten Literatur nur wenig Erfolg hatte. (Vgl. Z. 68-79)
- Der Autor beendet seinen Essay mit der Überlegung, dass die emotional aufgeladene und persönlich geprägte Darstellung der Klimaaktivisten eine tiefere literarische Qualität hat als die bloße Schilderung einer zukünftigen, durch den Klimawandel zerstörten Welt (Vgl. Z. 80-82). Geschichten von individuellem Engagement und persönlicher Anteilnahme sowie die narrative Tiefe würden, so Klute, eine gute Grundlage für ein literarisches Werk bieten (Vgl. Z. 82).
- Die Intention des Textes von Hilmar Klute besteht darin, seine Leserschaft für die Komplexität und Vielschichtigkeit der Literatur zu sensibilisieren, fernab von simplen politischen Forderungen und Trends. Er plädiert für eine Literatur, die tiefgehende menschliche Erfahrungen erforscht und gleichzeitig literarische Qualität bewahrt, ohne sich rein auf oberflächliche gesellschaftliche Diskurse zu beschränken.
- Rhetorische Fragen (z. B. „Wie kann es sein, dass sich die deutschen Schriftsteller so störrisch geben und den Roman über unser wichtigstes Anliegen, den Klimaschutz, verweigern?“, Z. 12 f.) werden verwendet, um die Absurdität der Erwartungen an die Literatur zu betonen und die Leserschaft zum Nachdenken anzuregen.
- Die Hyperbel „Erst wenn auch die erzählende Literatur klimaneutral ist, kann der CO
-Ausstoß um das notwendige Drittel gesenkt werden.“ (Z. 15 f.) wird genutzt, um die Absurdität der Forderung nach klimaneutraler Literatur darzustellen.
- Die Metapher „von den Geistern, die seit Jahrhunderten in uns hocken“ (Z. 27) verdeutlicht die Vergangenheit, die die Gegenwart beeinflusst und zeigt die tiefere Qualität der Literatur, die über aktuelle Themen hinausgeht.
- Polemische und sarkastische Zuspitzungen („Dringend erwartet wird unterdessen auch endlich der Roman zum Klimawandel.“, Z. 9 f.) werden genutzt, um die überzogenen Anforderungen an Autor*innen zu verdeutlichen.
- Die im Text verwendete Ironie (z. B. „Die einen möchten, dass literarische Texte mit der Sprache eine Gerechtigkeit herstellen, die wünschenswert ist, die es in der Wirklichkeit aber leider nicht immer gibt.“, Z. 3-5) wird genutzt, um die unrealistischen Erwartungen zu verdeutlichen, dass Literatur soziale Gerechtigkeit schaffen soll, die in der Realität fehlt.
- Außerdem nutzt Klute auch historische und literarische Referenzen, wie z. B. die Diskussion zwischen Gottfried Benn und Johannes R. Becher (Vgl. Z. 70-79), um seine Position zu unterstützen und zu verdeutlichen. Durch konkrete Beispiele und Anekdoten veranschaulicht Klute seine Argumente und macht sie für seine Leserschaft greifbarer (z. B. „Henning Ahrens etwa erzählt davon in seiner überhellen realistischen Art in seinem neuen Roman ‚Mitgift‘“, Z. 29 f.)
- Die Erzählperspektive ist allwissend und kommentierend, was Klute erlaubt, die verschiedenen Aspekte der Diskussion zu beleuchten und seine Meinung klar und pointiert darzustellen.
Fazit
- Hilmar Klutes Essay Es ist uns kein Anliegen thematisiert die überhöhten und teils absurd wirkenden Erwartungen, die aktuell an die Literatur und ihre Schriftsteller gestellt werden. Er verwendet eine Mischung aus Ironie, Polemik und historischen Referenzen, um seine Kritik an diesen Forderungen deutlich zu machen.
- Zusammenfassend zeigt die Analyse von Klutes Essay, dass er eine starke Ablehnung gegenüber der Instrumentalisierung von Literatur für tagesaktuelle Debatten und Forderungen ausdrückt. Er plädiert für eine Literatur, die unabhängig von momentanen gesellschaftlichen Erwartungen existiert und sich frei entfalten kann.
Teilaufgabe 2
Einleitung
- Hilmar Klutes Essay Es ist uns kein Anliegen argumentiert gegen die überhöhten und oft unsinnigen Forderungen an die Literatur und ihre Dichter*innen. Im Folgenden soll die Überzeugungskraft seiner Argumentation anhand mehrerer Aspekte analysiert werden.
Hauptteil
- Klute zeigt eine starke Argumentationsstruktur, die durch klare Beispiele und eine reflektierte Herangehensweise unterstützt wird. Klutes Sprache ist pointiert und gut strukturiert, was es dem Leser ermöglicht, seinen Gedanken klar zu folgen und sich mit seinen Argumenten auseinanderzusetzen.
- Außerdem nutzt der Autor geschickt Ironie und Polemik, um die Absurdität der Erwartungen an die Literatur hervorzuheben. Dies wird beispielsweise dann deutlich, wenn er die übertriebenen Erwartungen an literarische Texte beschreibt, die den CO
-Ausstoß senken sollen (Vgl. Z. 15 f.). Diese stilistischen Mittel verstärken seine Argumentation, indem sie die Unvernunft solcher Forderungen entlarven.
- An dieser Stelle kann man jedoch einwenden, dass eine so starke Meinungsäußerung wie in diesem Fall die Leserschaft polarisieren kann und die Leser*innen, die anderer Meinung sind, sich abgestoßen fühlen und seine Argumentation weniger ernst nehmen könnten. Weiterhin spricht Klute oft verallgemeinernd über die Forderungen an die Literatur und die Erwartungen der Gesellschaft. Diese Verallgemeinerungen könnten Leser*innen, die differenziertere Ansichten haben, abschrecken und seine Argumentation als zu pauschal und undifferenziert empfinden.
- Klute stützt seine Argumentation auf konkrete Beispiele und historische Bezüge, wie etwa die Diskussionen um Günter Grass und Nicolas Born. Diese Beispiele zeigen, dass die Forderungen an die Literatur, aktuelle gesellschaftliche Themen zu behandeln, keine neue Erscheinung sind. Sie veranschaulichen zudem, wie solche Erwartungen in der Vergangenheit zu literarischen und persönlichen Konflikten geführt haben. Diese historischen Parallelen verleihen Klutes Argumentation Tiefe und Glaubwürdigkeit.
- Ebenfalls betont der Autor die Komplexität literarischer Werke und argumentiert, dass diese nicht einfach auf aktuelle gesellschaftliche Themen reduziert werden können. Er verweist auf die unterschiedlichen Einflüsse, die in einem Roman zusammenkommen, und kritisiert die Vereinfachung literarischer Texte auf bloße gesellschaftliche Kritik. Dies ist ein starkes Argument, da es die Leser*innen daran erinnert, dass Literatur mehr ist als nur eine Reflexion aktueller Ereignisse. Hier könnte man jedoch anmerken, dass dieses Argument als Ausrede gesehen werden könnte, um Literatur von aktuellen gesellschaftlichen und politischen Verantwortungen zu befreien und Literatur immer auch ein Spiegel der Zeit sein sollte.
- Schließlich verwendet Klute rhetorische Fragen, um die Leser*innen direkt anzusprechen und sie zum Nachdenken über die dargestellten Probleme zu bewegen. Diese Fragen verstärken ebenfalls die Überzeugungskraft seiner Argumentation und machen den Text dynamischer und interaktiver.
- Insgesamt könnte das Fehlen einer ausführlichen Auseinandersetzung mit Gegenargumenten jedoch den Eindruck erwecken, dass Klutes Argumentation einseitig und nicht vollständig durchdacht ist.
Schluss
- Letztendlich kann man festhalten, dass Hilmar Klutes Essay eine überzeugende Verteidigung der künstlerischen Freiheit in der Literatur bietet und gleichzeitig die Notwendigkeit betont, dass Literatur tiefere menschliche Erfahrungen und nicht nur oberflächliche gesellschaftliche Trends reflektieren sollte.
- Klute verwendet effektiv stilistische Mittel wie Ironie und rhetorische Fragen, um seine Intention zu verdeutlichen. Darüber hinaus kritisiert er überzogene Erwartungen an die Literatur auf eine Weise, die die Leser*innen dazu bringt, ihre eigenen Ansichten zu hinterfragen. Durch Klutes Tendenz zu Verallgemeinerungen und die begrenzte Berücksichtigung gegensätzlicher Perspektiven könnte seine Überzeugungskraft jedoch beeinträchtigt werden.