Aufgabe 2
Der schmerzhafte Stich einer Hornisse
Hornissenstiche sind sehr schmerzhaft. Die Schmerzwahrnehmung basiert auf einem komplexen neuronalen Vorgang.
Stelle die Erregungsübertragung an einer Synapse eines Nozizeptors in einem Fließschema dar (M 1).
Beschreibe den in Abbildung 2 dargestellten Wirkmechanismus von Histamin bei der Signaltransduktion (M 2).
Beurteile, ob dieser Wirkmechanismus mit den experimentellen Befunden aus Abbildung 3 in Einklang steht (M 2).
Erkläre die Funktion der absteigenden Nervenbahnen (M 3).
Beurteile einen Bienen- und Hornissenstich hinsichtlich der Kriterien Gefährlichkeit und Schmerzhaftigkeit anhand der Materialien 2 und 4 (M 2, M 4).
Material M 1: Wahrnehmung eines Schmerzreizes
In der Haut des Menschen befinden sich primäre Sinneszellen, sogenannte Nozizeptoren, die der Wahrnehmung schmerzhafter Reize dienen. Nozizeptoren nehmen sowohl mechanische als auch chemische Reize auf. In den freien Nervenendigungen der Nozizeptoren löst ein Reiz eine elektrische Erregung aus. Über das Axon der Nozizeptoren wird die Erregung mittels erregender chemischer Synapsen auf die Folgezellen übertragen. Als Neurotransmitter fungiert Glutamat (Abb. 1).

Material M 2: Untersuchung des Einflusses von Histamin auf Nozizeptoren
In der Membran der freien Nervenendigungen eines Nozizeptors gibt es verschiedene Rezeptoren z. B. für Acetylcholin, Glutamat, aber auch für Histamin. Das Gift der Hornisse enthält neben Adrenalin, Acetylcholin und Serotonin unter anderem auch Histamin. Abbildung 2 zeigt schematisch einen möglichen Wirkmechanismus von Histamin.

Um den Einfluss des Histamins auf die Schmerzhaftigkeit von Reizen zu untersuchen, wurde mit Nozizeptoren ohne bzw. mit Einwirkung von Histamin experimentiert. Dabei wurden unterschiedlich starke Reize gesetzt und die Aktionspotenziale am Axon des Nozizeptors gemessen (Abb. 3).

Material M 3: Schmerzwahrnehmung bei einem Hornissenstich
Verschaltungen zwischen Hirn und Rückenmark (Abb. 4) haben Einfluss auf entsprechende postsynaptische Potenziale (Abb. 5) und damit auf die Schmerzwahrnehmung. Das Rückenmark ist Teil des zentralen Nervensystems. Dort sind aufsteigende und absteigende Nervenbahnen zu finden. Über aufsteigende Nervenbahnen werden sensorische Informationen zur Auswertung zum Gehirn weitergeleitet, über absteigende Nervenbahnen erfolgt die Erregungsleitung in umgekehrter Richtung. Hirnstamm und Thalamus sind Bereiche des Gehirns.


Material M 4: Bienen- und Hornissengift im Vergleich
In der Bevölkerung ist die Angst vor Hornissenstichen häufig größer als die Angst vor Bienenstichen, da Hornissenstiche als schmerzhafter und gefährlicher gelten. In Tabelle 1 sind Faktoren aufgeführt, die bei Bienen- bzw. Hornissenstichen Einfluss auf die Schmerzhaftigkeit bzw. die Einstufung von deren Gefährlichkeit haben.
Honigbiene | Hornisse | |
---|---|---|
Auszug aus den Inhaltsstoffen der Gifte |
|
|
LD50-Werte der Gifte bei Mäusen* | 2,8 mg Gift/kg | 10 mg Gift/kg |
Übertragene Giftmenge pro Stich | 0,1 mg | 0,01 mg |
Information zu den Inhaltsstoffen:
Histamin: | Gewebshormon und Neurotransmitter, führt zur Erweiterung der Blutgefäße |
Serotonin: | Gewebshormon und Neurotransmitter, fördert die Blutgerinnung, erzeugt eine gelassene Stimmung |
Adrenalin: | Hormon, erhöht die Herzfrequenz und den Blutdruck |
Acetylcholin: | Neurotransmitter, öffnet ligandengesteuerte Ionenkanäle zum Beispiel für Natrium-Ionen |
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monatlich kündbarSchulLV-PLUS-Vorteile im ÜberblickDu hast bereits einen Account?Erregungsübertragung an einer Synapse eines Nozizeptors:
Das Aktionspotenzial erreicht das synaptisches EndknöpfchenWirkmechanismus von Histamin bei der Signaltransduktion:
Histamin bindet an den spezifischen Histamin-Rezeptor und aktiviert dadurch das daran gekoppelte G-Protein. In der Folge wird die Adenylatcyclase (AC) aktiviert, ein Enzym, das mithilfe von ATP das Signalmolekül cyclisches Adenosinmonophosphat (cAMP) aus ATP bildet. Das entstehende cAMP wirkt als sekundärer Botenstoff und aktiviert die Proteinkinase A (PKA). Diese wiederum entfaltet zwei wesentliche Effekte auf Ionenkanäle der Zellmembran: Zum einen bewirkt PKA die Öffnung ligandengesteuerter Natrium- und Calciumkanäle, was zu einem verstärkten Einstrom von Na+- und Ca2+-Ionen in die Zelle führt. Zum anderen hemmt PKA den Ca2+-gesteuerten Kaliumkanal, wodurch der Ausstrom von K+-Ionen reduziert wird.Einklang mit den experimentellen Befunden aus Abbildung 3
Aus dem Experiment in Abbildung 3 geht hervor, dass unter dem Einfluss von Histamin ein zuvor unterschwelliger Reiz Aktionspotenziale auslöst. Mit Histamin kann die Signaltransduktion also schon bei geringer Reizstärke ausgelöst werden. Histamin sensibilisiert dabei die Nozizeptoren, sodass Reize, die normalerweise nicht als schmerzhaft emfunden werden, die Schmerzwahrnehmung auslösen. Dabei Öffnen die ligandengesteuerten Na+- und Ca2+-Ionenkanäle auch ohne Bindung des spezifischen Liganden. Die dargestellte Wirkung von Histamin steht somit im Einklang mit den experimentellen Befunden, und Histamin wirkt als Verstärker der Schmerzsignalweiterleitung.Funktion der absteigenden Nervenbahnen:
Wird ein Nozizeptor gereizt, so kommt es an Stelle A zur Depolarisation der Zellmembran. Diese Depolarisation löst Aktionspotenziale aus, die über aufsteigende Nervenbahnen in Richtung Gehirn weitergeleitet werden, wo der Schmerz letztlich bewusst wahrgenommen wird. Gleichzeitig können bestimmte Hirnregionen – etwa bei einer bewussten Schmerzunterdrückung oder durch körpereigene Hemmmechanismen – Erregungen erzeugen, die ebenfalls in Form von Aktionspotenzialen über absteigende Bahnen verlaufen. Diese Impulse erreichen eine andere Stelle im Rückenmark (Stelle B), an der sie eine Hyperpolarisation der nachgeschalteten Nervenzelle bewirken. Dabei handelt es sich um ein inhibitorisches postsynaptisches Potenzial (IPSP), das die Weiterleitung von Schmerzsignalen hemmt. An diesem Punkt kommt es zur Summation von Signalen: Das hemmende IPSP aus der absteigenden Bahn wird mit einem möglicherweise gleichzeitig eintreffenden exzitatorischen postsynaptischen Potenzial (EPSP) des Nozizeptors verrechnet. Nur wenn die Gesamtsumme der Erregung den Schwellenwert für ein neues Aktionspotenzial überschreitet, wird das Schmerzsignal im aufsteigenden Neuron weitergeleitet. Ist dies nicht der Fall, bleibt die Weiterleitung blockiert – der Schmerz wird nicht oder nur abgeschwächt empfunden. Dieses Zusammenspiel erklärt die schmerzhemmende Wirkung der absteigenden Bahnen.Bienen- und Hornissenstiche
- Gefährlichkeit:
- Das Gift der Honigbiene hat einen niedrigeren LD50-Wert als Hornissengift. Im Vergleich zum Hornissengift reicht eine geringere Giftmenge aus, um die Hälfte der Versuchstiere zu töten.
- Pro Stich überträgt die Honigbiene zehn Mal so viel Gift wie die Hornisse.
- Damit ist das Bienengift deutlich gefährlicher als das Hornissengift.
- Schmerzhaftigkeit:
- Hornissengift enthält zusätzlich neben den anderen Inhaltsstoffen, die bei der Honigbiene auch vorkommen, Acetylcholin.
- Die Nervenendigungen der Nozizeptoren besitzen Acetylcholin-Rezeptoren. Wenn diese eine Öffnung von Natrium-Ionenkanälen auslösen, wird die Signaltransduktion verstärkt und der Schmerz wird stärker wahrgenommen.
- Im Vergleich zu dem Stich einer Honigbiene wird der Stich einer Hornisse daher als schmerzhafter wahrgenommen.