HT 3 – Neurobiologie, Genetik

Thema: Ivermectin-Überempfindlichkeit bei Hunden

1.
Beschreibe die Abläufe an einer hemmenden chemischen Synapse und erkläre auf molekularer Ebene die Wirkung von Ivermectin bei Wirbellosen (Material A).
(12 Punkte)
2.
Vergleiche die Verteilung von Ivermectin in den verschiedenen Geweben der Mäuse (Tabelle 1) und leite die Funktion des MDR1-Proteins bei Säugetieren ab (Materialien A und B). Ermittle die Aminosäuresequenz der in Tabelle 2 dargestellten DNA-Sequenzen sowie den Mutationstyp (Materialien C und E). Erläutere die Auswirkungen für das MDR1-Protein und die betroffenen Hunde (Materialien A bis C).
(24 Punkte)
3.
Stelle die wesentlichen Schritte der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) dar und erkläre die Funktion der Primer im dargestellten Diagnoseverfahren (Abbildung 1, Materialien C und D). Werte Abbildung 2 im Hinblick auf die Genotypen der untersuchten Hunde aus (Material D). Erläutere mögliche Konsequenzen für die Hundezucht (Materialien A bis D).
(18 Punkte)

Material A: Ivermectin

Hunde können von Parasiten wie Läusen, Milben oder Zecken befallen werden. Zur Bekämpfung dieser Parasiten wird zum Beispiel Ivermectin eingesetzt. Ivermectin ist ein Neurotoxin, das insbesondere auf Wirbellose tödlich wirkt. Es bindet an Glutamat-gesteuerte Chloridionen-Kanäle in der postsynaptischen Membran und öffnet sie dauerhaft. Glutamat-gesteuerte Chloridionen-Kanäle kommen nur bei Wirbellosen vor.
Auf Wirbeltiere wirkt Ivermectin weniger toxisch und wird daher auch bei Hunden zur Bekämpfung parasitären Befalls angewendet. Es ist ein fettlöslicher Wirkstoff, der durch die Zellmembran diffundiert. Er reichert sich in Leber und Fettgewebe der behandelten Tiere an und wird von dort langsam freigesetzt. Der Wirkstoff zirkuliert dann in geringer Menge im Blut der behandelten Tiere und wird von den Parasiten aufgenommen.

Material B: Überempfindlichkeit gegen Ivermectin

Ivermectin kann bei höheren Konzentrationen auch an GABA-gesteuerte Chloridionen-Kanäle bei Wirbeltieren binden und diese aktivieren. Insbesondere im Zentralnervensystem von Wirbeltieren kann dies zu neurotoxischen Effekten führen.
Bei Collies und anderen Hunderassen wurden nach einer Behandlung mit Ivermectin häufig Symptome wie Bewegungsstörungen, Krämpfe und Benommenheit bis hin zu Komazuständen beobachtet. Da nicht alle Hunde einer Rasse gleichermaßen davon betroffen sind, wurden die individuellen Ursachen für diese Überempfindlichkeit analysiert.
Tab. 1: Ivermectin-Konzentration bei Wildtyp-Mäusen und gentechnisch veränderten Mäusen
bio abi nrw ivermectin konzentration
Das MDR1-Gen codiert bei Säugetieren das Transportprotein MDR1. Es transportiert unter ATP-Verbrauch körperfremde Stoffe aus den Zellen zurück ins Blut, sodass sie abtransportiert werden können. MDR1 kommt auch in den Zellen der Blutgefäßwände der Blut-Hirn-Schranke vor. Die Blut-Hirn-Schranke lässt selektiv nur bestimmte Stoffe aus dem Blut in das Gehirn und grenzt so das Zentralnervensystem gegen das Blut ab.

Material C: MDR1-Mutation bei Collies

Genetische Analysen des MDR1-Gens bei Collies, die gegenüber Ivermectin überempfindlich sind, zeigten die in Tabelle 2 dargestellten Ergebnisse. Das gesamte MDR1-Protein hat eine Länge von 1281 Aminosäuren.
Tab. 2: Ausschnitt aus dem nicht-codogenen Strang des MDR1-Gens. Die Nummerierung der Tripplets bezieht sich auf das Wildtyp-Allel.
bio abi nrw nicht codogenen strang

Material D: Nachweis der MDR1-Allele

Die Ivermectin-Überempfindlichkeit wird autosomal-rezessiv vererbt. Mithilfe der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) wurden DNA-Proben verschiedener Hunde untersucht. Die jeweiligen Primer-Paare sowie die erwartete Größe der vervielfältigten Fragmente sind in Abbildung 1 dargestellt. Die Ergebnisse einer Gelelektrophorese der PCR-Produkte zeigt Abbildung 2.
bio abi nrw nachweis mdr1 allele
Abb. 1: Schematische Darstellung der Lage der PCR-Primer und der Größe des jeweils vervielfältigten DNA-Fragments. Aus Gründen der Übersichtlichkeit ist der codogene DNA-Strang hier nicht dargestellt.
bio abi gk 2022 nrw gelelektrophorese
Abb. 2: Ergebnis der Gelelektrophorese von PCR-Produkten verschiedener Hunde mit Primer-Paaren zum Nachweis des Wildtyp-Allels (wt) und des mutierten Allels (mut)

Material E: Codesonne und Tabelle zum genetische Code

Ala Alanin
Arg Arginin
Asn Asparagin
Asp Asparaginsäure
Cys Cystein
Gln Glutamin
Glu Glutaminsäure
Gly Glycin
His Histidin
Ile Isoleucin
Leu Leucin
Lys Lysin
Met Methionin
Phe Phenylalanin
Pro Prolin
Ser Serin
Thr Threonin
Trp Tryptophan
Tyr Tyrosin
Val Valin

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