Lerninhalte in Deutsch
Inhaltsverzeichnis

Aufgabe 1

Bearbeite eine der drei folgenden Aufgaben im Wahlteil B.

Erörterung

Thema:
  • Insa Wrede: Der Altkleider-Wahnsinn: Mit Spenden Schlechtes tun
Aufgabenstellung:
  • Erörte, was für und gegen Altkleiderspenden spricht (jeweils mindestens drei Argumente). Nutze dazu diesen Text sowie die Informationen aus dem Text des A1-Teils.
  • Nimm anschließend Stellung und begründe am Ende deine eigene Meinung.
  • Gliedere dabei deinen Text in die folgenden Abschnitte und berücksichtige besonders die genannten Aspekte:
  • \(\rightarrow\) Einleitung: Nennung von Textart, Titel und Quelle, Nennung des Themas und Kurzdarstellung zur Einführung
    \(\rightarrow\) Hauptteil: Strukturierung in Antithese – These, Nennung der Argumente (Behauptung, Begründung, Beispiel), basierend auf den Textinhalten
    \(\rightarrow\) Schlussteil: eigene Stellungnahme (Positionierung mit kurzem Rückblick auf die wichtigsten Argumente), Fazit / Ausblick / Appell
  • Formuliere einen zusammenhängenden, strukturierten Text. Achte dabei auf korrekte Sprache und Rechtschreibung, beides wird bewertet.

(50 P)
Material
Der Altkleider-Wahnsinn: Mit Spenden Schlechtes tun
Insa Wrede
1
Das Rad mit neuer Kleidung dreht sich immer schneller. Gab es früher zu jeder Jahreszeit
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eine neue Kollektion, kommen inzwischen bis zu 24 Kollektionen im Jahr in die Läden. Damit
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dann zu Hause die Kleiderschränke nicht überquellen, bringen die Deutschen ihre nicht
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mehr getragene Kleidung zum Altkleidercontainer. Seit Mitte der 1990er Jahre ist die
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Altkleiderflut um 20 Prozent angeschwollen – und sie wächst weiter. „In Deutschland werden
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in jedem Jahr rund eine Million Tonnen Textilien in Altkleidersammlungen gegeben.
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Das ist wirklich eine riesige Menge,“ sagt Thomas Ahlmann von FairWertung. In diesem
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Dachverband haben sich über 130 gemeinnützige Altkleider-Sammelorganisationen
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zusammengeschlossen.
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Solche Spenden sind super, denken viele, wird damit doch Bedürftigen geholfen und die
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Umwelt geschont, weil die Kleider weiterverwertet werden! Bloß: In Deutschland gibt es gar
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nicht so viele Bedürftige. Weniger als zehn Prozent der abgelegten Kleidung wird von
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karitativen Organisationen, in deren Namen die Sammelcontainer aufgestellt sind,
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gebraucht. Den Rest kaufen kommerzielle Altkleidersammler.
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Durch den Verkauf nimmt beispielsweise das Deutsche Rote Kreuz rund 13,5 Millionen Euro
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jährlich ein, der Erlös wird für wohltätige Zwecke verwendet. Gleichzeitig ist die
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Kleiderspende zur Ware geworden. Ein winziger Bruchteil, zwischen zwei und vier Prozent,
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ist in einem so guten Zustand, dass er in Secondhand-Läden in Deutschland oder
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Westeuropa verkauft wird. Mit ihm wird der Großteil des Umsatzes gemacht. Weitere
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40 Prozent werden in verschiedenen Qualitäten exportiert. Etwa zehn Prozent landen im
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Müll. Der Rest wird recycelt und zu Putzlappen verarbeitet.
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Die Nachfrage nach gebrauchter Kleidung aus Deutschland und anderen Industrieländern
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ist groß. Die Kleidung geht nach Osteuropa, in den Mittleren Osten, nach Mittelasien und
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vor allem nach Afrika.
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Dort bewirke sie viel Gutes, denn neben den Arbeitsplätzen, die durch den Transport und
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im Handel entstehen, sei Secondhand-Kleidung für viele die einzige Möglichkeit, Textilien
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günstig zu kaufen, heißt es zumindest von FairWertung. Insbesondere in den ländlichen
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Regionen in Afrika habe sie eine große Bedeutung für die Grundversorgung mit Kleidung.
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„Inzwischen gibt es zahlreiche Studien, die belegen, dass die einheimische Textilindustrie
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den wachsenden Bedarf vor Ort nicht decken kann“, meint auch Susanne Pohl vom
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Deutschen Roten Kreuz.
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Es gehe aber gar nicht um Bedürftigkeit, meint dagegen Friedel Hütz-Adams vom Südwind-
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Institut. „Die Gebrauchtkleider“, so führt er aus, „gehen erstmal in die afrikanischen Länder,
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die zahlungsfähig sind, das hat ja mit Bedürftigkeit nichts zu tun." So seien die Altkleiderimporte
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des Kongo sehr gering, obwohl es dort Millionen Binnenflüchtlinge gebe.
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Soweit also zur Grundversorgung – und die Arbeitsplätze? Wäre es nicht besser, wenn die
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afrikanischen Länder selber Textilien produzieren würden, anstatt Gebrauchtkleider zu
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importieren? „Die Zahl der Menschen, die vom Gebrauchtmarkt der Textilien leben, also
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Schneider, Verkäufer und so weiter, ist weit größer als die Zahl der Arbeitsmöglichkeiten in
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der Textilindustrie“, wendet Susanne Pohl vom Deutschen Roten Kreuz ein.
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In Afrika scheint man allerdings nicht sehr überzeugt davon zu sein, dass der Import von
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Altkleidern so viele wertvolle Arbeitsplätze schafft. Viele Länder würden lieber eine eigene
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Textilproduktion aufbauen. Seit Jahrzehnten produzieren sie zwar Baumwolle, die dann
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aber als Rohstoff exportiert und anderswo weiterverarbeitet wird. Schuld daran war auch
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die in Ballen zusammengepresste Gebrauchtkleidung, die den afrikanischen Markt geflutet
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hat und so die einst vorhandene lokale Produktion von Stoffen und Textilien zerstörte.
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Weil viele afrikanische Länder die Secondhand-Ware als großes Problem für den heimischen
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Markt ansehen, haben einige Länder bereits vor Jahren den Import von Secondhand-
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Kleidung verboten, darunter Nigeria, Äthiopien, Ruanda und Südafrika. In den USA, wo
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rund eine Milliarde US-Dollar pro Jahr mit Altkleidern umgesetzt werden, läuteten daraufhin
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die Alarmglocken. Der größte Altkleider-Exporteur der Welt drohte mit Handelskrieg und die
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afrikanischen Staaten knickten ein – bis auf Ruanda.
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Bleibt am Ende noch das ökologische Argument. Immerhin wird knapp die Hälfte der
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Secondhand-Kleidung weiter verwertet, anstatt direkt im Müll zu landen. Aber viele
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Kollektionen lassen sich nur verkaufen, weil sie so billig sind. Laut Greenpeace bestehen
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rund 60% inzwischen aus der erdölbasierten Kunstfaser, deren Produktion dreimal mehr
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klimaschädliches Treibhausgas verursache als Baumwolle. Außerdem würden die
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Kunstfasern oft mit Naturmaterialien gemischt, wodurch die Stoffe kaum recyclingfähig
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seien. Kritiker finden das Umweltargument ohnehin vermessen. Die Bewohner der westlichen
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Welt kaufen die neuen Sachen, fühlen sich dann aber nicht für das Auftragen der
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Kleidung verantwortlich, sondern muten das mit Verweis auf die Nachhaltigkeit anderen zu.
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Die Bäuerinnen und Bauern, die mit schlecht bezahlter Arbeit die Baumwolle in Afrika
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angepflanzt haben, dürfen dann noch froh sein, dass sie eine so günstige Secondhand-
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Grundausstattung durch unsere abgelegten Kleider bekommen.

Aus: Wrede, Insa: Der Altkleider-Wahnsinn: Mit Spenden Schlechtes tun. Erschienen am: 27.11.2018; Zugriff am: 29.04.2023 (zu Prüfungszwecken bearbeltet)

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