Aufgabe 2
Textbeschreibung Lyrik
Thema:- Günter Eich: Inventur (1948)
- Setze dich mit diesem Gedicht in Form einer Textbeschreibung auseinander.
- Gliedere dabei deinen Text in die folgenden Abschnitte und berücksichtige besonders die genannten Aspekte:
- → Einleitung: Nennung von Titel und Autor, Nennung des Themas und kurze Zusammenfassung des Inhalts, erster Eindruck von diesem Gedicht
- → Hauptteil: Formaler Aufbau (Strophen, Verse, Reimschema), sprachliche Mittel, Inhalt der einzelnen Strophen,Gefühle des lyrischen Ichs anhand von mindestens zwei sprachlichen Mitteln / Stilmitteln und deren Wirkung / Funktion, Eingehen auf die Fragestellung: Was ist dem lyrischen Ich besonders wichtig?Blicke auf den Titel und stelle einen Bezug zum Inhalt her.
- → Schluss: Aussage des Gedichts und Appell des Autors, persönliche Meinung, eigene Erfahrungen
- Formuliere einen zusammenhängenden, strukturierten Text. Achte auf korrekte Sprache und Rechtschreibung. Beides wird bewertet.
(50 P)
Material
Inventur
Günter Eich
1
Dies ist meine Mütze,
2
dies ist mein Mantel,
3
hier mein Rasierzeug
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im Beutel aus Leinen.
5
Konservenbüchse:
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Mein Teller, mein Becher,
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ich hab in das Weißblech
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den Namen geritzt.
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Geritzt hier mit diesem
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kostbaren Nagel,
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den vor begehrlichen
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Augen ich berge.
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Im Brotbeutel sind
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ein Paar wollene Socken
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und einiges, was ich
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niemand verrate,
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so dient es als Kissen
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nachts meinem Kopf.
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Die Pappe hier liegt
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zwischen mir und der Erde.
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Die Bleistiftmine
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lieb ich am meisten:
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Tags schreibt sie mir Verse,
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die nachts ich erdacht.
25
Dies ist mein Notizbuch,
26
dies meine Zeltbahn,
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dies ist mein Handtuch,
28
dies ist mein Zwirn.
Aus: Eich, Günter: Abgelegene Gehöfte. Frankfurt am Main: Schauer Verlag, 1948, S. 38-39.
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- Autorin: Günter Eich
- Titel: Inventur
- Erscheinungsjahr: 1948
- Textsorte: Gedicht
- Epoche: Trümmerliteratur
- Quelle: Eich, Günter: Abgelegene Gehöfte. Frankfurt am Main: Schauer Verlag, 1948, S. 38-39.
- Thema: Günter Eich spricht darüber, dass besonders in Zeiten von Armut oder schwierigen Lebenssituationen die Wertschätzung von Habseligkeiten eine besonders große Bedeutung erlangt.
- Inhalt: Das Gedicht thematisiert die Bestandsaufnahme der wenigen Habseligkeiten eines Kriegsgefangenen oder Überlebenden einer Notsituation. In einfachen, sachlichen Worten zählt das lyrische Ich die Gegenstände auf, die es bei sich trägt. Der erste Eindruck des Gedichts ist geprägt von einer nüchternen, fast resignierten Stimmung, die die Entbehrungen und das karge Leben des lyrischen Ichs widerspiegelt.
Hauptteil
1. Gefühle des lyrischen Ichs- Das lyrische Ich zählt seine Besitztümer sorgfältig auf, da sie für ihn von großer Bedeutung sind oder sogar als „kostbar" angesehen werden, wie der Nagel in Zeile 10 zeigt.
- Gerade weil er so wenig besitzt, sind diese Gegenstände, wie die Konservenbüchse, absolut grundlegend und unverzichtbar. Daher versucht er auch, sie zu kennzeichnen oder vor anderen zu verbergen.
- Die Bleistiftmine ist ihm am wichtigsten, weil das Schreiben ihm hilft, den Alltag zu bewältigen. Man spürt jedoch auch eine gewisse Abgestumpftheit aufgrund der schwierigen Lebensbedingungen.
- Verse: 28 Verse aufgeteilt in 7 Strophen á 4 Verse
- Das Gedicht besitzt keine erkennbare Stropheneinteilung. Es gibt kein festes Reimschema, was die Unregelmäßigkeit und Einfachheit der Lebensumstände des lyrischen Ichs unterstreicht.
- Wiederholung: Die Wiederholung des Satzanfangs „dies ist mein“ verstärkt die Monotonie und Betonung auf die wenigen, aber bedeutsamen Besitztümer des lyrischen Ichs.
„Dies ist meine Mütze, dies ist mein Mantel, hier mein Rasierzeug“ (Z. 1 ff.).
- Aufzählung: Die strukturierte Aufzählung der Gegenstände zeigt die kargen und bescheidenen Lebensumstände des lyrischen Ichs und hebt die Wichtigkeit jedes einzelnen Objekts hervor.
„Konservenbüchse: Mein Teller, mein Becher“ (Z. 5 f.).
- Personifikation: Die Personifikation des Nagels als „kostbar“ und als etwas, das „vor begehrlichen Augen“ verborgen wird, verleiht dem Gegenstand eine menschliche Eigenschaft und verdeutlicht seine Bedeutung für das lyrische Ich.
„geritzt hier mit diesem kostbaren Nagel, den vor begehrlichen Augen ich berge.“ (Z. 9 ff.).
- Symbolik: Der „kostbare Nagel“ und die „Bleistiftmine“ stehen symbolisch für die wenigen wertvollen Dinge, die dem lyrischen Ich geblieben sind und die ihm das Überleben und einen Ausdruck seiner selbst ermöglichen.
„Die Bleistiftmine lieb ich am meisten: Tags schreibt sie mir Verse, die nachts ich erdacht.“ (Z. 21 ff.).
- Enjambement: Die Verwendung von Enjambements, wo ein Satz über das Ende eines Verses hinaus in den nächsten übergeht, schafft einen fließenden, ununterbrochenen Erzählfluss, der die kontinuierliche Bestandsaufnahme der Habseligkeiten betont.
„Die Pappe hier liegt zwischen mir und der Erde. Die Bleistiftmine lieb ich am meisten.“ (Z. 19 ff.).
- Kontrast: Der Kontrast zwischen der sachlichen Beschreibung der Gegenstände und der emotionalen Bindung an sie zeigt die Diskrepanz zwischen der äußeren Nüchternheit und der inneren Bedeutung dieser Objekte für das lyrische Ich.
„Dies ist mein Notizbuch, dies meine Zeltbahn, dies ist mein Handtuch, dies ist mein Zwirn.“ (Z. 25 ff.).
- Metapher: Die Beschreibung der Bleistiftmine als etwas, das „Verse schreibt, die nachts ich erdacht“ ist eine Metapher für den kreativen Prozess und die Bedeutung der schriftstellerischen Tätigkeit für das lyrische Ich.
„Tags schreibt sie mir Verse, die nachts ich erdacht.“ (Z. 23 f.).
- Der Titel Inventur lässt zunächst an eine detaillierte Aufstellung von Firmenbesitz oder Vermögen denken, was eher nach geschäftlichen Werten klingt. Überraschenderweise geht es im Gedicht jedoch nicht um materiellen Reichtum, sondern um eine Liste alltäglicher, oft als unbedeutend empfundener Dinge.
- Diese Aufzählung zeigt eher eine Form von Armut, denn der Sprecher hat nur sehr wenige Besitztümer. Doch gerade wegen dieser knappen Auswahl erhalten selbst die einfachsten Gegenstände, wie ein Nagel oder eine Bleistiftmine, eine besondere Bedeutung und Wertschätzung.
- Der sachliche Titel passt gut zu der nüchternen und schlichten Sprache des Gedichts sowie dessen einfacher Struktur. Die bescheidenen Dinge, die aufgezählt werden, wirken durch die sachliche Darstellung fast wie eine Inventur, die das Wesentliche ins Blickfeld rückt.
- Die Beschränkung auf wenige Besitztümer hebt deren inneren Wert hervor und lenkt den Fokus auf die emotionale und symbolische Bedeutung dieser alltäglichen Gegenstände. So wird der Titel Inventur zu einer Metapher für die Erkenntnis, dass auch einfache Dinge ihren eigenen Wert und Bedeutung haben können.
Schluss
- Das Gedicht verdeutlicht, wie manche Menschen nur mit den einfachsten und wenigsten Dingen auskommen müssen. Durch Kriege, Flucht oder Armut verlieren sie oft ihr Zuhause und sind gezwungen, sich auf das Notwendigste zu beschränken. Diese bescheidenen Besitztümer gewinnen dadurch jedoch an besonderem Wert, da sie entscheidend für das Überleben werden.
- Individuelle Anpassungsstrategien: In Bezug auf heutige Konflikte, Fluchterfahrungen oder Obdachlosigkeit wird deutlich, dass Menschen auch unter extremen Bedingungen Wege finden, ihre Bedürfnisse zu erfüllen und zu überleben. Dies zeigt, wie flexibel und einfallsreich Einzelne werden können, wenn sie gezwungen sind, mit sehr wenig auszukommen.
- Wert der Bescheidenheit: Das Gedicht legt nahe, dass selbst die einfachsten Dinge in Krisensituationen von unschätzbarem Wert sein können. Dies lässt sich auf moderne Herausforderungen übertragen, indem wir erkennen, wie wichtig es ist, auch kleine Dinge zu schätzen und ihre Bedeutung in schwierigen Zeiten zu verstehen.
- Resilienz und Überlebenskunst: Die Art und Weise, wie Menschen ihre begrenzten Ressourcen nutzen, zeigt eine bemerkenswerte Resilienz. Dies könnte uns inspirieren, über unsere eigenen Ressourcen nachzudenken und darüber, wie wir in schwierigen Zeiten effizient und kreativ mit dem auskommen können, was uns zur Verfügung steht.
- Gesellschaftliche Verantwortung: Der Blick auf das Gedicht kann uns auch dazu anregen, über die Unterstützung und Hilfe nachzudenken, die Menschen in Krisensituationen benötigen. Es unterstreicht die Notwendigkeit, soziale Systeme zu stärken und Hilfsangebote zu schaffen, um Menschen in Not bessere Bedingungen für ein würdiges Leben zu bieten