Teil B
Textproduktion
(50% der Prüfungsleistung) Bearbeite Aufgabe B 1 oder B 2.Aufgabe B 1
Thema:- Im Rahmen eines Gesundheitstages zum Thema „Stressfaktoren vermeiden“ wird an deiner Schule ein Projekttag durchgeführt.
- Deine Projektgruppe befasst sich mit der Suche nach geeigneten literarischen Texten aus Vergangenheit und Gegenwart, um eine kleine Auswahl auf der Homepage zu veröffentlichen. Empfiehl den Text von Max Hoffmann für diese Auswahl.
- Schreibe diese Textempfehlung.
- Fasse zunächst den Inhalt des Gedichts zusammen.
- Gehe ausführlich auf formale und sprachliche Auffälligkeiten ein und erläutere deren Wirkung.
- Beurteile, warum sich das Gedicht vom Beginn des vorigen Jahrhunderts für den Projekttag eignet.
- Nutze dazu Material B.
Aufgabe B 2
Thema:- Versetze dich ich in folgende Situation: Du bist auf einer Städtetour und notierst täglich deine Erlebnisse in einem Reisetagebuch.
Heute hast du von einem Straßencafé aus das Geschehen auf der Kreuzung verfolgt. Du erblickst den Käfer, dessen Verhalten du interessiert betrachtest. Deine Beobachtungen hältst du im Eintrag für diesen Tag fest. - Verfasse diesen Tagebucheintrag.
- Beschreibe dabei die Situation.
- Schildere, wie du das Verhalten der Menschen und des Käfers wahrgenommen hast.
- Erläutere die Wirkung des beobachteten Geschehens auf dich.
- Nutze dazu Material B.
1
Hier ist der Kreuzungspunkt! Hier pulst das Leben!
2
Ein ewiges Gedränge und Geschiebe!
3
Die Wagen rollen, und die Menschen rennen;
4
Ein Zischen wie aus einem Hexenkessel
5
Schwirrt überall, und Staub liegt schleierartig
6
Bleigrau darüber als ein schmutz’ges Sargtuch.
7
Willst du die Straße queren, sieh dich vor!
8
Hier Pferdehufe, dort die raschen Räder,
9
Und dort die Fäuste, die ein „lieber Mitmensch“
10
Dir drängend in die Seite stößt – in Hetzjagd
11
Musst du deshalb, nach allen Winden blickend,
12
Von einer Häuserreih’ zu andern laufen ...
13
Inmitten dieses martervollen Wirrwarrs
14
Spaziert vergnügt ein kleiner blauer Käfer.
15
Er wählt sich inmitten auf dem lauten Damm
16
Ein Riesenloch, so groß wie eine Nuss,
17
Macht sich’s dort häuslich und beginnt geschäftig
18
An einem Krümchen, das er fand, zu knuspern.
Aus: Hoffmann, Max: Straßenbild. In: Deutsche Lyrik seit Goethes Tode bis auf unsere Tage. Ausgewählt von Maximilian Bern. Köln: Hoursch & Bechstedt 17. Auflage 1909,
S. 309 (orthografisch angepasst).
Weiter lernen mit SchulLV-PLUS!
monatlich kündbarSchulLV-PLUS-Vorteile im ÜberblickDu hast bereits einen Account?Aufgabe B 1
Einleitung- Im Rahmen unseres Gesundheitstages an der Schule zum Thema „Stressfaktoren vermeiden“ möchte ich für unseren Projekttag als Literaturempfehlung das Gedicht Straßenbild von Max Hoffmann anbringen, welches etwa um 1900 entstanden ist.
- Eben genannter Textvorschlag kann vor dem Hintergrund unseres Projektthemas „Stressfaktoren vermeiden“ untersucht werden. Inhalt des Werks ist die Beschreibung eines Verkehrsgedränges am helllichten Tage.
- Anfangs schildert der Autor die Sinneseindrücke zum Zeitpunkt der Handlung und die Atmosphäre durch den regen Verkehr an einer Kreuzung. Der Autor spricht von Geräuschen, die dem „Zischen wie aus einem Hexenkessel“ (V. 4) ähneln und durch den Autolärm verursacht werden, ebenso wie über die schmutzige Luft (Vgl. V. 5 f.).
- Was folgt, ist eine Art Mahnung, beim Überqueren der Straße Vorsicht walten zu lassen, damit man nicht zu Schaden kommt (Vgl. 7 ff.).
- Zuletzt wechselt der Schriftsteller in die Perspektive eines „kleine[n] blaue[n] Käfer[s]“ (V. 14), um das Geschehen aus dessen Sicht zu beschreiben.
- Das Gedicht besteht aus drei Strophen, die sich, wie eben bereits beschrieben, in verschiedene inhaltliche Abschnitte einteilen lassen und über insgesamt 18 Verse erstrecken.
- Indem der Autor negativ konnotierte Formulierungen wie „Gedränge und Geschiebe“ (V. 1), „Hexenkessel“ (V. 4), „Hetzjagd“ (V. 10) und „Wirrwarr“ (V. 13) verwendet, verstärkt dies noch die Gegenwärtigkeit dieser unruhigen und belastenden Situation an der Kreuzung.
- Hoffmann verzichtet auf Reimformen, die vom Geschehen ablenken könnten. Stattdessen intensiviert er die Wirkung des Gesagten noch mit Ausrufen wie „Willst du die Straße queren, sieh dich vor!“ (V. 7), die sich durch ein Ausrufezeichen am Satzende vom übrigen Text abheben.
- In der Hinzuziehung rhetorischer Mittel wie Metaphern („Ein Zischen wie aus einem Hexenkessel“, V. 2) und Vergleichen („Staub liegt schleierartig bleigrau darüber als ein schmutz’ges Sargtuch“, V. 5) in sein Werk schafft Max Hoffmann es, dass sich die Leser*innen des Gedichts noch mehr die negative Atmosphäre im Text vor Augen führen können. Ein Beispiel für akustische Beschreibungen der Stimmung ist etwa das „Zischen“ (V. 2), für visuell Wahrnehmbares ist es beispielsweise das „Rennen der Menschen“ (V. 3). Die Verwendung derartiger Stilmittel verleiht dem Gedicht auch sprachliche Ästhetik und Niveau, was mit einer erhöhten Veranschaulichung einhergeht.
- Durch das Inkorporieren von Schlüsselwörtern, die an Gefahr, Kampf und generelles Entkommen erinnern wie etwa „rennenende Menschen“ (V. 3), „Fäuste“ (V. 9), „Hetzjagd“ (V. 10) oder „laufen“ (V. 13) geht vom Gedicht ein bedrohlicher Charakter aus. Auch die Ausrufe in den Versen 1, 2 und 7 erhöhen noch das Tempo des Textes.
- Besonders in der finalen und dritten Strophe arbeitet Hoffmann mit Gegensätzen, die sich in der Gegenüberstellung des vorhergegangenen „martervollen Wirrwarrs“ (V. 13) und den darauffolgenden, beinahe harmonisch wirkenden Eindrücken des Käfers zeigen. So ist das Tier im Gegenteil zum gestressten, gehetzten Menschen zwar auch „geschäftig“ (V. 17), aber dennoch „vergnügt“ (V. 14). Doch nicht nur die Färbung der Adjektive ist nun eine positivere, auch in der Wahl der Verben zeigt sich ein Stimmungswechsel („spaziert“ V. 14, „knuspert“ V. 18).
- Durch Vergleiche („so groß wie eine Nuss“ V. 16) und Diminutive („Krümchen“ V. 18) unterstreicht Hoffmann den Perspektivwechsel vom Menschen zum viel kleineren Käfer.
- Die durchgängige Zeitform des Präsens sowie der Einsatz von Personalpronomen im Gedicht sorgen dafür, dass sich Leser*innen des Stücks direkt angesprochen fühlen. Zum Beispiel schreibt Max Hoffmann „Willst du“ und „sieh dich vor!“ (V. 7) oder „Musst du“ (V. 11). Mit diesen appellativen Ausdrücken spricht er seine Leserschaft in einer Art Warnung direkt an.
- Das vorliegende Werk zeigt uns besonders in der finalen Strophe auf, wie elementar es zur Stressreduktion sein kann, einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Oftmals sind es weniger die Situationen an sich, die einen belasten, sondern vielmehr die innere Einstellung und der empfundene Zeitdruck.
- Liest man das Gedicht, könnte man vermuten, es sei in der Gegenwart entstanden. Der Umstand, dass es jedoch bereits aus der Zeit um 1900 stammt, vergegenwärtigt einem, dass es seit jeher Stressfaktoren im Leben gab und demnach auch immer geben wird. Entscheidend ist, wie man damit umzugehen lernt, sodass der Stress keine irreversiblen Schäden bei der physischen und mentalen Gesundheit hinterlässt.
- Dass es bereits Anfang des 19. Jahrhunderts zu solchen Stresssituationen durch Verkehr und Menschenansammlungen kam und wir auch jetzt immer wieder in stressige Situationen solcher Art geraten, verursacht auch einen Handlungsdrang, derartigen Belastungen im Alltag endlich entgegenzuwirken.
- Die im Werk Straßenbild erwähnten Faktoren, die für Unruhe und Stress sorgten, wie etwa fehlende Zebrastreifen, Ampeln etc., können wir heute jedoch vorweisen und damit ist definitiv ein Fortschritt erkennbar. Gleichzeitig motiviert die Tatsache, dass es nach wie vor zu gefährlichen Situationen im Verkehr kommt, weiter an Verkehrsoptimierungen zu arbeiten.
(30 BE)
Aufgabe B 2
Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen auf Reisen ist es, vom Fensterplatz eines schönen Cafés aus das rege Treiben auf der Straße zu beobachten. Als ich heute Morgen in Kopenhagen an solch einem besagten Fensterplatz meinen Kaffee trank, fiel mir neben den vorbeieilenden Autos, Pferdekutschen, Radfahrern und Menschen auf einer sehr belebten Kreuzung etwas, oder besser gesagt jemand, auf, den ich dort nicht vermutet hätte. Es war ein Käfer, der sich in Seelenruhe seinen Weg durch das Getümmel bahnte. Während die Menschen es alle enorm eilig zu haben und auf direktem Weg zu einem sehr wichtigen Termin unterwegs zu sein schienen, ging von dem kleinen Tierchen, welches ich beinahe ohne Weiteres übersehen hatte, eine Ruhe und Gelassenheit aus, die mich faszinierte. Dabei kamen mir einige Gedanken, als ich über die Gegenüberstellung der von Hektik getriebenen Menschenmasse und diesem kleinen Individuum nachdachte. Je länger ich den Menschen zusah, desto erschreckender fiel mir deren teilweise nahezu rücksichtsloser Umgang miteinander ins Auge. Sie waren nicht nur Teil des auf der Straße herrschenden Chaos', sie waren verantwortlich dafür. Ohne die Menschen und deren lärmende Autos und Fahrzeuge sämtlicher Art wäre es an dieser Kreuzung ruhig und friedlich. Der Großteil unter ihnen befand sich wie bereits erwähnt in Eile und drängte sich stur voran. Es schien beinahe so, als würden sie die Außenwelt, die laute und schmutzige Straße um sich herum gar nicht richtig wahrnehmen, geschweige denn ihr Verhalten und die unerträgliche Situation zu reflektieren. Durch das uniforme Verhalten verschwand das Individuum und es schien, als ob die einzelnen Personen gar nicht mehr existieren würden. Stattdessen verschwammen die Menschen zu einer treibenden Masse, einer gesichtslosen Entität. Die Lebendigkeit, die in einer Großstadt herrscht und von der alle immer sprechen, die schien in dem Moment wie eine Illusion für mich. Es wirkte viel eher so, als würden die Menschen wie ferngesteuert vor sich hineilen, was ihnen einen roboterhaften Charakter verlieh. Als ich dem den Käfer gegenüberstellte, der wie losgelöst von der Unruhe der Kreuzung zu sein schien, als wäre er in einem Paralleluniversum, konnte ich kaum fassen, wie entspannt und ohne Eile er sich über die belebte Straße fortbewegte. Völlig in sich selbst vergessen stieß er dann auf eine kleine, geschützte Öffnung, welche er sorglos für ein Päuschen nutzte und dort begann, an einem kleinen Stück gefundenem Futter zu nagen, als ob der Trubel um ihn herum nicht existieren würde. Dass sich der Mensch im Vergleich zum Tier derart gehetzt fühlt, beschäftigte mich nachhaltig. Nicht zuletzt bin ich auch einer und auch mir ist das Gefühl des inneren Getriebenseins nicht fremd. Ich dachte mir, wie bedauerlich es doch sei, das Leben in einer solchen Hast zu verbringen, die dafür sorgt, dass man nicht mehr im Moment lebt, sondern immer einen Schritt voraus ist, damit jedoch auch keinen Blick für die kleinen, schönen Dinge der Gegenwart übrig hat. Dass hingegen der Käfer mit einer solchen Unbedarftheit durchs Leben geht, obwohl um ihn herum das reinste Chaos herrscht und sein eigener Lebensraum durch die Ausbreitung des menschlichen Raums gefährdet ist, hat mich sehr verwundert. Der Käfer mag es selbst nicht erahnen, doch seine Sorglosigkeit, so positiv sie auch sein mag, könnte ihm auf der chaotischen Kreuzung auch zum Verhängnis werden. Betrachtet man allerdings nur die gegenwärtige Situation, schafft es der Käfer weitaus erfolgreicher, der Stresssituation zu trotzen und sich entgegen all dem ihn umgebenden Trubel einen Rückzugsort zu schaffen. Ich konnte von dem kleinen Tierchen heute also wirklich großes Lernen.
(30 BE)