Vorschlag B – Chemie rund um Chlor

Chlor ist auch heute noch eine außerordentlich wichtige Verbindung in der chemischen Industrie. Es handelt sich um ein grün-gelbes giftiges Gas mit stechendem Geruch. Früher wurde elementares Chlor großtechnisch nach dem DEACON-Verfahren hergestellt. Das DEACON-Verfahren zählt zu den bekanntesten historischen Prozessen der chemischen Industrie. Es wurde von dem englischen Chemiker Henry DEACON im Jahre 1868 zum Patent angemeldet. Dabei wird das Gas Chlorwasserstoff mit Sauerstoff zu Chlor und Wasser umgesetzt. Dieser Prozess findet bei etwa \(450^{\circ} C\) am Katalysator statt. Die Reaktion führt zu einem chemischen Gleichgewicht.
In organischen Verbindungen ist Chlor häufig als Substituent enthalten. Diese Chlorkohlenwasserstoffe können eine Vielzahl von Reaktionen eingehen und sind aufgrund ihrer Reaktivität vielfach verwendete Ausgangsstoffe bei chemischen Synthesen, wie zum Beispiel der Kunststoffherstellung. Der Kunststoff Polyvinylidenchlorid (Kurzzeichen \(PVDC\)) wird aus 1,1-Dichlorethen mithilfe eines Peroxids \((R-O-O-R)\) als Radikalstarter hergestellt. 1,1-Dichlorethen lässt sich wiederum unter bestimmten Reaktionsbedingungen aus 1,1,2-Trichlorethan herstellen, dabei entsteht als weiteres Produkt Chlorwasserstoff.
Durch die Reaktion von gasförmigem Chlorwasserstoff mit gasförmigem Ammoniak kann Ammoniumchlorid hergestellt werden. Ammoniumchlorid, auch Salmiaksalz genannt, wird aufgrund seines scharf-salzigen Geschmacks u.a. für die Herstellung von Lakritzwaren verwendet.
2.1
Formuliere für die Reaktion von Chlorwasserstoff mit Sauerstoff zu Chlor und Wasser im DEACON-Verfahren die Reaktionsgleichung und das darauf basierende Massenwirkungsgesetz.
Berechne mithilfe der in Material 1 angegebenen Daten die Gleichgewichtskonstante \(K_{ c }.\)
(7 BE)
2.2
Material 2 liefert weitere Informationen zum DEACON-Verfahren.
Beschreibe den Kurvenverlauf in Material 2.
Erkläre jeweils den Einfluss der folgenden Maßnahmen auf das Gleichgewicht im DEACON-Verfahren:
a)
Druckerhöhung bei einer konstanten Temperatur größer als \(100{ }^{\circ} C\)
b)
Temperaturerhöhung bei konstantem Druck
Begründe die Änderung des Zahlenwertes für \(K_{ c }\) bei einer Temperaturerniedrigung.
(9 BE)
2.3
Formuliere für die Reaktion von 1,1,2-Trichlorethan zu 1,1-Dichlorethen und Chlorwasserstoff eine Reaktionsgleichung, wobei du für die organischen Verbindungen Strukturformeln verwendest.
Formuliere und benenne für die Synthese des Kunststoffs Polyvinylidenchlorid \((PVDC)\) aus 1,1-Dichlorethen mithilfe eines Peroxids \((R-O-O-R)\) als Radikalstarter den Reaktionsmechanismus.
(10 BE)
2.4
Bei der Reaktion von gasförmigem Chlorwasserstoff mit gasförmigem Ammoniak \(\left( NH _3\right)\) entsteht der weiße Feststoff Ammoniumchlorid \(\left( NH _4 Cl \right).\) Löst man eine bestimmte Menge der Ionen-Verbindung Ammoniumchlorid in Wasser, entsteht eine Lösung mit einem pH-Wert von \(pH=4,5.\)
Formuliere die Reaktionsgleichung für die Reaktion von Chlorwasserstoff mit Ammoniak zu Ammoniumchlorid.
Formuliere eine Reaktionsgleichung für die Reaktion von Ammoniumchlorid mit Wasser und gib die korrespondierenden Säure-Base-Paare an.
Berechne die Konzentration an \(H _3 O ^{+}\)-Ionen in der Lösung mit einem pH-Wert von \(pH =4,5\) sowie den \(pOH\)-Wert.
(8 BE)
2.5
Propansäure, 2-Chlorpropansäure und 3-Chlorpropansäure unterscheiden sich in ihrer Säurestärke.
Gib an, was man unter dem Fachbegriff „Säurestärke“ versteht.
Zeichne die Strukturformeln der oben genannten Säuren, ordne die in Material 3 angegebenen \(p K_{ S }\)-Werte den einzelnen Säuren zu und begründe deine Zuordnung.
(9 BE)
2.6
3-Chlorpropansäure wird in einer Additionsreaktion aus Chlorwasserstoff und Propensäure hergestellt. Hierbei kann theoretisch ein weiteres, organisches Isomer als Reaktionsprodukt gebildet werden.
Entwickle zu dieser Reaktion einen möglichen Reaktionsmechanismus.
Hinweis: Beachte dabei, dass im ersten Teilschritt ein \(H ^{+}\)-Ion an die C-C-Doppelbindung angelagert wird.
Erkläre die theoretisch mögliche Bildung eines weiteren organischen Isomers als Reaktionsprodukt.
(7 BE)

(50 BE)

Material 1

DEACON-Verfahren: Gleichgewichtskonzentration

Verbindung Konzentration im
Gleichgewicht in \(\text{mol}\cdot \text L^{-1}\)
Chlor (g) \(0,04\)
Chlorwasserstoff (g) \(0,015\)
Sauerstoff (g) \(0,06\)
Wasser (g) \(0,04\)

Material 2

DEACON-Verfahren: Gleichgewichtsumsatz von Chlorwasserstoff mit Sauerstoff bei Normaldruck

hessen chemie abi gk 2022 aufgabe 2 abbildung 1 gleichgewichtsumsatz von chlorwasserstoff mit sauerstoff bei normaldruck
Hinweis: Der „Umsatz \(HCl\) in \(\%\)“ gibt den prozentualen Verbrauch an Chlorwasserstoff in Bezug auf die Ausgangsmenge an.

Material 3

Tabelle der \(pK_S\)-Werte von Propansäure, 2-Chlorpropansäure und 3-Chlorpropansäure

Verbindung \(pK_S\)-Wert
Verbindung A \(2,8\)
Verbindung B \(4,1\)
Verbindung C \(4,88\)

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