A2 Forschung an Fischen

Hinweis: Der Fachausschuss wählt jeweils eine Aufgabe aus den Aufgabenblöcken A, B und C zur Bearbeitung aus.
1
Goldfische (Carassius auratus) werden bei der Erforschung neurologischer Grundlagen von Verhaltensweisen eingesetzt, da sie unter anderem einfach zu halten sind.
In einer Versuchsreihe wird das Lernverhalten von Goldfischen untersucht. Hierzu wird ein Wasserbecken durch eine Abtrennung in zwei Bereiche unterteilt, die jeweils mit einer Lampe und einer Vorrichtung zum Auslösen eines schwachen, aber für den Fisch spürbaren Stromschlags ausgestattet sind. Durch eine Öffnung in der Abtrennung kann ein Fisch von einem in den anderen Bereich gelangen. Während eines Versuchsdurchgangs wird jeweils ein Goldfisch in das Becken gesetzt und mehreren Trainings- und anschließend einer Testphase ausgesetzt. In der Trainingsphase wird in dem Bereich, in dem sich der Fisch befindet, das Licht eingeschaltet und kurz darauf ein schwacher Stromschlag ausgelöst. In der Testphase wird nur das Licht eingeschaltet. Nach einigen Trainingsdurchgängen zeigt der Fisch in der Testphase nach Einschalten des Lichts erhöhte Aktivität und schwimmt durch die Öffnung in dén anderen, nicht beleuchteten Beckenbereich. Untrainierte Fische reagieren hingegen nicht auf das Lichtsignal.
1.1
Interpretiere das Lernverhalten der Fische mit ethologischen Fachbegriffen.
[7 BE]
1.2
Forschende haben in weiteren Versuchen den Einfluss des zeitlichen Abstands zwischen Lichtsignal und Stromschlag während der Trainingsphase untersucht. Außerdem wurde die Anzahl der Trainingsdurchgänge variiert (Abb. 1).
Diagramm zur Aktivität von Fischen in Abhängigkeit von Trainingsdurchgängen und Signalabständen.
Abb. 1: Einfluss des Abstands von Lichtsignal und Stromschlag während verschieden langer Trainingsphasen auf die Aktivität der Fische1
Werte die Versuchsergebnisse aus Abb. 1 in Bezug auf den zugrunde liegenden Lernvorgang aus.
[5 BE]
1.3
In einer weiteren Versuchsreihe wurde der Einfluss von 2-Amino-5-phosphonovaleriansäure (AP5) auf das Lernverhalten der Goldfische untersucht. Verschiedenen Testgruppen wurden vor bzw. nach der unter 1 beschriebenen Trainingsphase unterschiedliche Mengen an AP5 unter die Schädeldecke injiziert (Tab.). In der Testphase wurde der Anteil der Fische bestimmt, die durch die Öffnung in den anderen Beckenbereich schwammen und damit ein Vermeidungsverhalten zeigten (Abb. 2).
Tab.: Testgruppen des Experiments zum Einfluss von AP5 auf das Vermeidungsverhalten der Fische2
Testgruppe Zeitpunkt der Injektion Menge von AP5 in
je 10 µL Wassser
1 keine -
2 vor der Trainingsphase - (nur Einstich)
3 vor der Trainingsphase 0 µg
4 vor der Trainingsphase 1 µg
5 vor der Trainingsphase 3,2 µg
6 vor der Trainingsphase 10 µg
7 nach der Trainingsphase 10 µg
Balkendiagramm zeigt den Anteil des Vermeidungsverhaltens in Prozent für verschiedene Testgruppen.
Abb. 2: prozentuales Vermeidungsverhalten in der Testphase 2
Nimm begründet Stellung, inwieweit sich die folgenden Schlussfolgerungen aus den Versuchsergebnissen ableiten lassen.
[8 BE]
A \(\:\:\:\:\) Auch ohne die Testgruppe 1 können gültige Aussagen zum Einfluss von AP5 auf das
\(\:\:\:\:\:\:\:\:\) Lernverhalten gemacht werden.
B \(\:\:\:\:\) Die Injektion von 10 µL Wasser unter die Schädeldecke hat keinen Einfluss auf das
\(\:\:\:\:\:\:\:\:\) Lernverhalten.
C \(\:\:\:\:\) Je größer die Menge an vor dem Training injiziertem AP5 ist, desto besser lernen die Fische.
D \(\:\:\:\:\) Der Stoff AP5 wirkt sich auf das Vermeidungsverhalten aus.
1.4
Fische werden in zunehmender Anzahl in der medizinischen Grundlagenforschung eingesetzt. Im Gegensatz zu Medikamentenstudien werden im Rahmen der Grundlagenforschung Experimente an Tieren durchgeführt, ohne dabei direkt auf eine Therapieanwendung zu zielen. An Tierversuchen wird häufig Kritik geübt und eine Reduzierung gefordert.
Um hier ein Urteil fällen zu können, müssen fachliche Argumente mit Werten in Beziehung gesetzt werden. Folgende Werte werden häufig genannt: Gesundheit, Bildung und Fortschritt, Leidverringerung, Freiheit, Tierwohl, Wohlstand, Würde des Menschen.
Beurteilen Sie anhand einer Pro- und Contra-Argumentation als Teilschritte einer ethischen Analyse, die zwei selbstgewählte Werte berücksichtigt, ob Tierversuche im Rahmen der Grundlagenforschung eingesetzt werden sollten.
[5 BE]
2.
Neuronale Grundlagen von Lernvorgängen im Gehirn sind Gegenstand vieler wissenschaftlicher Studien. Dabei spielen häufig Synapsen eine Rolle, die durch den Transmitter Glutamat erregt werden. Bei der Entstehung eines exzitatorischen postsynaptischen Potentials (EPSP) an einer solchen Synapse wirken die Rezeptortypen I und II zusammen. Der von Rezeptortyp II abhängige Ionenkanal besitzt die Spezifität, dass er von einem Mg2+-lon blockiert ist, das sich erst ab einer gewissen Konzentration an Na+-Ionen im Zellinneren löst (Abb. 3).
Diagramm zur synaptischen Übertragung mit Messungen am postsynaptischen Axonhügel, zeigt verschiedene Rezeptortypen und Membranpotentiale.
Abb. 3: Zusammenwirken zweier Rezeptortypen bei der Entstehung eines EPSP;
AP: Aktionspotential3
Erläutere anhand Abbildung 3 die Notwendigkeit des Zusammenwirkens beider Rezeptortypen für die Entstehung eines Aktionspotentials am Axonhügel der postsynaptischen Zelle.
[8 BE]
3
Viele Fischarten bilden Schwärme. Wird ein Mitglied eines Fischschwarms verletzt, so wird der Stoff Chondroitinsulfat aus der verletzten Fischhaut freigesetzt. Durch die Anwesenheit dieses Stoffs wird bei anderen Fischen ein Fluchtreflex ausgelöst.
3.1
Stelle den Ablauf des Fluchtreflexes in einem beschrifteten Reflexbogen dar.
[4 BE]
3.2
Beschreibe drei Vorteile der Freisetzung von Chondroitinsulfat als Kommunikationsmittel.
[3 BE]

[40 BE]
Quellen:
1 \(\:\:\) Drew, Michael & Zupan, Bojana & Cooke, Anna & Couvillon, Patricia & Balsam, Peter. (2005). Temporal Control of Conditioned Responding in Goldfish. Journal of experimental psychology. Animal behavior processes. 31. 31-9. 10.1037/0097-7403.31.1.31.
2 \(\:\:\) Xu, X; Russel, T; Bazner, J; Hamilton, J: NMDA receptor antagonist AP5 and nitric oxide synthase inhibitor 7-NI affect different phases of learning and memory in goldfisch. In: Brain Research 889- Jg 2001, S. 275.
3 \(\:\:\) Klinke, R.; Silbernagl, S.: Lehrbuch der Physiologie, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York, 1996, 2. Auflage, S. 71-73.

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