Aufgabe 4 - Verfassen eines Essays
Verfassen eines Essays
Thema: „Meine Handschrift – meine Visitenkarte?“- Verfasse einen Essay zu diesem Thema. Nutze dabei das Material.
Anmerkungen zum Autor:
Friedrich Dürrenmatt (* 1921 - † 1990), Schweizer Schriftsteller Aus: Onlinequelle „Eine fließende Handschrift bringt die Gedanken zum Fliegen.“
Anmerkungen zur Autorin:
Cornelia Funke (* 1958), Kinder- und Jugendbuchautorin Aus: Onlinequelle „Da mir die sinnliche Anschauung durchaus unentbehrlich ist, so werden mir vorzügliche Menschen durch ihre Handschrift auf eine magische Weise vergegenwärtigt.“
Anmerkungen zum Autor:
Johann Wolfgang von Goethe (*1749 - † 1832) Aus: Onlinequelle „Das maschinelle Schreiben nimmt der Hand im Bereich des Wortes den Rang und degradiert das Wort zu einem Verkehrsmittel. Außerdem bietet die Maschinenschrift den Vorteil, dass sie die Handschrift und damit den Charakter verbirgt. In der Maschinenschrift sehen alle Menschen gleich aus.“
Anmerkungen zum Autor:
Martin Heidegger (* 1889 - † 1976), deutscher Philosoph Aus: Onlinequelle Material 2 Handschrift im Berufsleben Susanne Dorendorff
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Sagt die Handschrift etwas über den Charakter ihres Urhebers aus? Kein Mensch
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ist frei davon, von einer Handschrift auf die Persönlichkeit des Schreibers zu schlie-
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ßen, und spätestens bei schriftlichen Bewerbungen wird klar, dass eine kryptische
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oder gar kreuzworträtselhaft-gedruckte Handschrift zu einem Karriereblocker wer-
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den kann. Charismatische, attraktive Handschriften ziehen Aufmerksamkeit auf
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sich und werden als so genannte 'Türöffner' hochgeschätzt. Sie suggerieren Intelli-
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genz, Authentizität und Kompetenz. Dilettantische Schrift hingegen bewirkt das
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Gegenteil. Doch ob ausdrucksstark oder kindlich, Beachtung findet jede handschrift-
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liche Notiz, männlich wie weiblich gleichermaßen.
Aus: Handschrift im Berufsleben, letzter Zugriff am 7.4.2019.
Material 3 Handschriftprobleme - Die neue Volkskrankheit
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Jahrtausende hat es gedauert, bis Schrift in Europa zum Kulturgut wurde und
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alle sozialen Schichten erreicht hatte. Anfang des 20. Jahrhunderts hatten fast alle
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Deutschen, ob sie nun auf den Bauernhöfen, im Bergbau oder Fabriken arbeiteten,
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in der Volksschule eine Handschrift erlernt, die man lesen konnte. Nur die sprich-
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wörtlichen Arzthandschriften galten als unleserlich. Natürlich: Wer Tag für Tag ähn-
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liche oder identische Kurztexte schreibt, verkürzt oder ökonomisiert die Schrift in ho-
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hem Maße. Diese Verschleißerscheinungen der Schrift im Berufsalltag sind aber
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nicht mit fehlender Schreibfertigkeit zu verwechseln.
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Wenn jedoch heute Einträge in Schulheften aussehen wie ebensolche Arztrezepte
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oder -berichte, dann handelt es sich nicht um individuelle Vereinfachungen einer er-
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lernten Normschrift, sondern um das sichtbare Ergebnins einer grundsätzlich fehlen-
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den Schriftkompetenz. Und dieses Nicht-schreiben-Können ist nun seit mehr als
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drei Jahrzehnten bei einer zunehmenden Zahl von Kindern und Jugendlichen fest-
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zustellen. Immer mehr Kinder können nicht leserlich und nur mit großer Anstren-
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gung schreiben. Krakelschriften sind keine Einzelfälle mehr, sondern in den Klas-
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senzimmern zur Normalität geworden.
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Erstaunlich ist, dass sich dieser schleichende Verfall der Hanschrift so lange
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scheinbar unbemerkt fortsetzen konnte. Erst im Jahre 2015 schlug der Deutsche
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Lehrerverband Alarm und gab eine Umfrage in Auftrag, um das ganze Ausmaß des
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Schriftdesasters zu verdeutlichen. Insgesamt 2002 Lehrerinnen und Lehrer aus 16
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Bundesländern wurden befragt und stellten fest, dass etwa 51 Prozent der Schüler
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und 31 Prozent der Schülerinnen Schwierigkeiten beim Handschreiben haben. Aus
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Sicht der befragten Lehrkräfte können nur etwa 29 Prozent der Kinder des fünften
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und sechsten Jahrgangs über eine Zeitspanne von mindestens 30 Minuten be-
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schwerdefrei mit der Hand schreiben. (Deutscher Lehrerverband, 2015)
Aus: Maria-Anna Schulze Brüning, Stephan Clauss, Wer nicht schreibt, bleibt dumm.
Warum unsere Kinder ohne Handschrift das Denken verlernen. München/Berlin 2017 (Piper Verlag), S. 48 f. Material 4 Andreas Kilcher über den Dichter Max Frisch
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Er schrieb auf einer Hermes, einer Olivetti, einer Remington: Max Frisch, der heute
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hundert Jahre alt geworden wäre, schrieb nicht gern von Hand und bevorzugte die
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Maschine.
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[...] Die Entschieden heit zur Schreibmaschine ist keinem Text so zentral wie [...]
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im „Homo faber“. Deutlich wird dort auch, dass Schreiben bei Frisch kein unver-
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mittelt-geistiger, sondern ein maschinell vermittelter Vorgang war: modern, ohne
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Angst vor dem Medium und der Technik. Die Haltung Fabers (und Frischs) steht da-
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rin diametral gegen diejenigen eines zeitgenössischen Kulturpessimisten wie Martin
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Heidegger, der gegen die Schreibmaschine eine vormoderne Metaphysik der
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Handschrift hochhielt. In der Maschine sah er eine Bedrohung des menschlichen
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„Wesens“ überhaupt. [...]
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Frischs technophiler Homo faber dagegen hasste gerade die Handschrift und zählt
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zu seinem Maschinenpark nicht nur Opel, Super Constellation, Rasierer und Ka-
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mera, sondern auch seine geliebte Hermes Baby, eine weit verbreitete Schreibma-
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schine auch der Nachkriegszeit, wie sie Frisch selbst bevorzugte. Dass es sich da-
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bei um eine Reiseschreibmaschine handelt, ist auch für ihn bedeutsam: geradezu
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'nomadisch' unterwegs, wie er selber sagte, brauchte er ein mobiles Gerät. So
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auch Faber: Auch nach einer Notlandung in der mexikanischen Wüste ist er we-
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sentlich mit seiner Schreibmaschine beschäftigt („Ich putzte meine Hermes Baby“)
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[...]
Aus: An der Schreibmaschine, am Rand der Welt, letzter Zugriff am 27.11.2023. Material 5 Die Handschrift ist eine unnatürliche Art zu schreiben Anne Trubek
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Heute erscheint das Aussterben der Handschrift vielen Menschen als Ende der
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Individualität und der Beginn einer roboterhaften Zukunft. Doch wenn wir uns solche
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Sorgen machen, vergessen wir offensichtlich unsere Schulzeit mit ihren stupiden
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Stunden, in denen uns das Schreiben von Hand eingebläut wurde. Erst die Druck-
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erpresse gab der Handschrift den Anschein von Individualität. Für Mönche, deren
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Manuskripte wir heute als wunderbare Kunstwerke verehren, war die Schrift nicht
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Ausdrucksmittel ihrer selbst, sondern eine formelhafte Übung. [...]
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Wenn sich eine neue Schreibtechnik entwickelt, beginnen wir die vorherige zu ver-
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klären. Die ersetzte Technik erscheint uns dann authentischer, weil sie nicht mehr
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allgegenwärtig ist und ihren offiziellen Charakter verliert. So ist es auch heute.
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Computer gelten als frei von Emotion und Persönlichkeit. Das Schreiben von Hand
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als Refugium von Intimität, Originalität und Authentizität.
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[...]
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Dabei hätte das Tippen auf einem Computer einen demokratisierenden Effekt. Es
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vereinheitlicht das Erscheinungsbild der Texte und rückt den Ausdruck von Ideen in
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den Mittelpunkt - statt das Aussehen der Buchstaben.
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Ist eine schöne Schrift ein Hinweis auf Intelligenz? Nein, nicht mehr als sie die Reli-
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giosität einer Person offenbart. Doch viele Lehrer stellen diesen Zusammenhang
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her. Steve Graham, ein Professor der Vanderbilt-Universität in Nashville, sagt, dass
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„Lehrer Urteile über die literarische Qualität eines Textes auch anhand seiner Les-
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barkeit fällen.“ Grahams Studien beweisen, dass Lehrer sauber geschriebene Ver-
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sionen ein und desselben Textes besser benoten. Dies ist vor allem problematisch
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für Jungen, deren feinmotorische Fähigkeiten sich später ausbilden als die von [...]
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Mädchen.
Aus: Die Handschrift ist eine unnatürliche Art zu schreiben, letzter Zugriff am 27.11.2023. Material 6 Ende der Handschrift Heiner Müller (* 1929 - † 1995)
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Neuerdings wenn ich etwas aufschreiben will
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Einen Satz ein Gedicht eine Weisheit
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Sträubt meine Hand sich gegen den Schreibzwang
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Dem mein Kopf sie unterwerfen will
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Die Schrift wird unlesbar Nur die Schreibmaschine
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Hält mich noch aus dem Abgrund dem Schweigen
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Dass der Protagonist meiner Zukunft ist
Aus: Heiner Müller, Ende der Handschrift, Gedichte. Ausgewählt und mit einem Nachwort versehen von
Durs Grünbein. Frankfurt a. M. 2000 (Suhrkamp Verlag), S. 94.
Überschrift
- Meine Handschrift - meine Visitenkarte?
Einleitung
- Die Handschrift als persönliche Visitenkarte ist ein Thema, das in der heutigen digitalen Welt immer mehr an Bedeutung verliert. Dennoch kann sie als Ausdruck der Persönlichkeit und Individualität gesehen werden.
- Die Frage, ob die Handschrift tatsächlich etwas über den Charakter ihres Urhebers aussagt, wird kontrovers diskutiert.
Hauptteil
- Friedrich Dürrenmatt betont die Wichtigkeit der Leserlichkeit einer Handschrift und bezeichnet sie als Höflichkeit (M 1). Dies impliziert, dass eine gut lesbare Handschrift Respekt gegenüber dem Leser zeigt und somit auf positive Charaktereigenschaften des Schreibers hinweisen könnte. Cornelia Funke hingegen sieht in einer fließenden Handschrift einen Ausdruck von Kreativität und Gedankenfreiheit (M 1).
- Johann Wolfgang von Goethe stellt eine Verbindung zwischen Handschrift und sinnlicher Anschauung her und betont damit die emotionale Komponente des handschriftlichen Schreibens (M 1). Martin Heidegger kritisiert hingegen das maschinelle Schreiben, da es die Individualität der Handschrift verbirgt und alle Menschen gleich aussehen lässt (M 1).
- Im Berufsleben kann eine gut lesbare und attraktive Handschrift Vorteile bringen, wie Susanne Dorendorff in ihrem Artikel „Handschrift im Berufsleben“ darlegt (M 2). Sie suggeriert Intelligenz, Authentizität und Kompetenz. Eine unleserliche oder dilettantische Schrift hingegen kann negative Auswirkungen haben.
- Trotzdem ist zu beobachten, dass die Fähigkeit zur handschriftlichen Schreibkompetenz abnimmt, wie Maria-Anna Schulze Brüning und Stephan Clauss in ihrem Buch "Wer nicht schreibt, bleibt dumm" feststellen (M 3). Sie sprechen von einer „neuen Volkskrankheit“ und betonen, dass immer mehr Kinder und Jugendliche Schwierigkeiten beim Handschreiben haben.
- Die Präferenz für das maschinelle Schreiben zeigt sich auch bei dem Dichter Max Frisch, der die Handschrift ablehnte und stattdessen die Schreibmaschine bevorzugte (M 4). Dies steht im Kontrast zu Heideggers Kritik am maschinellen Schreiben.
- Anne Trubek argumentiert in ihrem Artikel Die Handschrift ist eine unnatürliche Art zu schreiben, dass das Tippen auf einem Computer einen demokratisierenden Effekt hat, da es das Erscheinungsbild der Texte vereinheitlicht und den Ausdruck von Ideen in den Mittelpunkt rückt (M 5).
Fazit
- Abschließend lässt sich sagen, dass die Handschrift als persönliche Visitenkarte gesehen werden kann, aber ihre Bedeutung in der heutigen digitalen Welt abnimmt.
- Es ist wichtig, sowohl die Vorteile des handschriftlichen als auch des maschinellen Schreibens zu erkennen und je nach Kontext angemessen einzusetzen.