Evolutionstheorien

Die Theorie von Lamarck

Jean-Baptiste Lamarck (1744-1829) war einer der ersten Naturwissenschaftler, der die Theorie aufstellte, dass Arten veränderlich seien. 1809 präsentierte er den Lamarckismus, der besagte, dass Arten durch die Vererbung erworbener Merkmale wandelbar seien. Er führte auch die Deszendenztheorie ein, wonach alle Arten von einer gemeinsamen Urart abstammen.
Die Evolutionstheorie nach Lamarck lässt sich in den folgenden Kernpunkten zusammenfassen:
  • Vererbung erworbener Eigenschaften:
    Lamarcks Überzeugung, dass Organismen während ihres Lebens erworbene Anpassungen direkt an ihre Nachkommen weitergeben können, führte zu seiner Vorstellung von einem stetigen Fortschritt in der Evolution durch den Mechanismus der Vererbung erworbener Eigenschaften.
  • Gesetz des Gebrauchs und Nichtgebrauchs:
    Lamarck beharrte darauf, dass Organismen durch die Verwendung oder Nichtverwendung bestimmter Organe deren Strukturen verändern können. Organe, die häufig verwendet werden, entwickeln sich weiter, während nicht genutzte Organe verkümmern.
  • Bedürfnisprinzip:
    Lamarck argumentierte, dass Veränderungen in der Umwelt die Bedürfnisse von Organismen verändern können. Dieser Trieb nach Vervollkommnung würden dann zu neuen Anpassungen führen, um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden.
baden württemberg bio basiswissen evolutionstheorie nach lamarck
Abb. 1: Beispiel der Evolutionstheorie nach Lamarck

Die Theorie von Darwin

Nach einer Weltreise, die ihn unter anderem auf die Galapagos-Inseln führte, veröffentlichte Charles Darwin (1809-1882) im Jahr 1859 seine Evolutionstheorie. Obwohl er sich von Lamarcks Grundsatz, wonach Arten wandelbar sind, inspirieren ließ, erklärte Darwin die Prozesse, die zu diesem Wandel führen, auf eine völlig andere Weise. Sein bahnbrechendes Werk legte die Grundlagen für die heute gültige synthetische Evolutionstheorie, wobei Darwins größte Leistung darin bestand, Selektion als wichtigsten Evolutionsfaktor erkannt zu haben. Außerdem war Darwin der erste, der formulierte, dass sich eine Art in neue Arten aufspalten kann.
Die Evolutionstheorie nach Darwin lässt sich in den folgenden Kernpunkten zusammenfassen:
  • Variabilität:
    Innerhalb einer Population gibt es Variationen in den Merkmalen der Organismen. Diese Variationen können genetischer oder umweltbedingter Natur sein.
  • Vererbung:
    Die Variationen werden von einer Generation auf die nächste vererbt. Merkmale, die genetisch bedingt sind, werden über die Fortpflanzung weitergegeben.
  • Überproduktion („struggle for life“):
    Organismen haben die Tendenz, mehr Nachkommen zu produzieren, als die Umweltressourcen unterstützen können. Dies führt zu einem Wettbewerb um Ressourcen.
  • Selektion:
    Aufgrund von Umweltbedingungen und Ressourcenknappheit gibt es die natürliche Selektion, bei dem bestimmte Merkmale oder Variationen vorteilhafter sind. Individuen mit diesen vorteilhaften Merkmalen haben bessere Überlebenschancen und reproduzieren sich erfolgreicher. Wenn sich die Selektion unterscheidet, kann dies zur Entstehung neuer Arten führen.
  • Anpassung („survival of the fittest“):
    Im Laufe der Zeit sammeln sich die vorteilhaften Merkmale in der Population an, und die Organismen sind besser an ihre Umwelt angepasst. Dies führt zu einer evolutionären Veränderung der Population. Man spricht von einer erhöhten reproduktiven Fitness.
  • Vergänglichkeit von Arten:
    Arten können sich im Laufe der Zeit verändern oder sogar aussterben, wenn sie nicht in der Lage sind, sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen.
baden württemberg bio evolutionstheorien beispiel der evolutionstheorie nach darwin
Abb. 2: Beispiel der Evolutionstheorie nach Darwin

Erweiterungen und synthetische Evolutionstheorie

Der Darwinismus wird heutzutage als grundsätzlich korrekt anerkannt. Während Charles Darwin lebte, waren jedoch einige der Mechanismen, die seiner Theorie zugrunde lagen, nicht vollständig bekannt. Insbesondere fehlte ihm das Verständnis für die genauen Prozesse der Vererbung und der Variabilität. Ein Beispiel für dieses Unverständnis war das sogenannte Latenzproblem, bei dem Darwin Schwierigkeiten hatte zu erklären, warum Eltern mit braunen Augen ein Kind mit blauen Augen haben könnten.
Während Darwins Forschungen lebte auch Gregor Mendel (1822-1884), der wichtige Prinzipien der klassischen Genetik durch die Untersuchung von Vererbungsgängen an Erbsenpflanzen entdeckte. Zu dieser Zeit waren jedoch Darwins Kenntnisse über Mendels Arbeit begrenzt, weshalb er nur spekulieren konnte, wenn es um die Ursachen der Variabilität ging.
Die Entdeckung der Genetik führte schließlich zu einer Ergänzung des Darwinismus um die Mechanismen der Variabilität, einschließlich Rekombination und Mutation, sowie der Vererbung. Diese Erkenntnisse ermöglichten auch die Lösung des Latenzproblems. Darüber hinaus trugen Erkenntnisse aus verschiedenen Bereichen der Biologie, wie der Populationsbiologie, dazu bei, den Darwinismus zu erklären und zu erweitern.
Die heute akzeptierte Theorie, die aus den von Darwin aufgestellten Grundsätzen sowie den im Laufe der Zeit durch biologische Forschung gewonnenen Erweiterungen besteht, wird als synthetische Evolutionstheorie bezeichnet.

Vergleich der Theorien von Lamarck und Darwin