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Inhaltsverzeichnis

Motive

Im Zuge der Interpretation von Aus dem Leben eines Taugenichts möchten wir näher auf einzelne Motive in der Novelle eingehen, die Merkmale eines Motivs vorstellen und dann im Folgenden drei Motive näher erläutern.

Merkmale eines Motivs

  • Bei einem Motiv handelt es sich um ein immer wiederkehrendes Thema, das gezielt in einem Text vorkommt und eingesetzt wird
  • Meist erscheint das Motiv in einer bestimmten Situation, in welcher es dann eine repräsentative Rolle einnimmt
  • Einem Motiv können zweierlei Beweggründe zugrunde liegen: Ein abstrakter, nicht sichtbarer Beweggrund oder ein Anlass, der als Beweggrund fungiert
  • Motive können in unterschiedlicher Form auftreten, die von Gegenständen über Zustände bis hin zu Tätigkeiten reichen

Motiv „Geige und Musik“

  • Treuer Wegbegleiter: Taugenichts trägt seine Geige stets mit sich, von Anfang bis Ende begleitet sie ihn auf seiner Reise. Sie ist so gesehen eine wichtige Konstante in seinem Leben und sie verliert zudem auch nicht an Reiz für ihn
  • Ambivalenz: Das Spiel auf der Geige steht in einer wechselseitigen Beziehung mit Taugenichts‘ emotionalem Gemütszustand. Wenn es ihm schlecht geht, muntert ihn das Spiel auf der Geige stets auf. Auf der anderen Seite verstärkt das Vortragen seines eigenhändig geschriebenen Liedes (Kap. 2) seine Niedergeschlagenheit auch. Schlussendlich ruft die Musik zwar nicht nur Glück, sondern auch Schmerz hervor, verfehlt jedoch niemals ihre emotionale Wirkung auf den Protagonisten
  • Flucht aus der Realität: Die Geige und das Musizieren im Allgemeinen stellen in der Novelle den Gegensatz zur Arbeit und zum Mühsal des Alltags dar. Während Taugenichts angestellt ist, lässt er seine Violine in der Ecke liegen und sie verstaubt, unterwegs hingegen spielt er regelmäßig auf ihr
  • Kommunikationsmittel: Für Taugenichts ist es durch das Spiel auf der Geige und in Form des Gesangs möglich, mit seiner geliebten Aurelie Kontakt aufzunehmen, und sie in diesem Zuge auch in seinem Lied an sie über seine Gefühle zu ihr aufzuklären. Doch auch in der Begegnung mit den Prager Studenten (Kap. 9) fällt dem Musizieren eine tragende Rolle zu. Die Instrumente der Studenten fungieren als einleitendes Gesprächsthema und auch die gemeinsame Verbindung zum königlichen Schloss ist über den Portier, der ebenso ein Instrument spielt, gegeben. Zusammenfassend funktioniert die Musik also als Kommunikationsmittel zwischen Taugenichts und dem Adel, neuen Bekanntschaften und in der Liebe

  • Fazit \(\rightarrow\) Das Motiv „Geige und Musik“ spiegelt die innere Freiheit wider, ruft zum Ausbruch aus den bisherigen Konventionen (Arbeit und Mühsal) auf, tritt an die Stelle von alledem, was nicht mit Worten erklärbar ist und stellt das Leben als ewigen Sonntag dar

Motiv „Arbeit“

  • Arbeit gehört in die Welt der Philister und hat in Taugenichts‘ Leben eigentlich nichts zu suchen. Obwohl er selbst auch neue Anstellungen erhält, spricht er über sich selbst nie als arbeitende Person. Dies überlässt er allen anderen: Sein Vater ist ein fleißiger Müllersmann (Kap. 1), die Bediensteten im Wiener Schloss, insbesondere der Gärtner (Kap. 1), sind stets beschäftigt und auch unterwegs sind die Menschen, auf die er trifft meist am Arbeiten
  • In Aus dem Leben eines Taugenichts wird Arbeit als negativ und lästig beschrieben, was die allgemeine Lebenseinstellung des Taugenichts repräsentiert: Wenig Mühe aufbringen, jedoch mit großen Erwartungen durchs Leben gehen
  • Die sehr einseitige Betrachtung des Themas Arbeit, in der Arbeit als etwas eher Negatives beschrieben wird, zeigt deutlich, dass Eichendorff eine überzogene Darstellung des Motivs Arbeit verwendet. Es sollte erwähnt werden, dass Eichendorff den Prototyp eines Romantikers nicht unabsichtlich, sondern taktisch gekonnt so extrem darstellt

  • Fazit \(\rightarrow\) Wichtiger als die Darstellung von Arbeit als solche, ist, was Eichendorff mit der Inszenierung dieses Motivs bezwecken möchte. Der Autor baut dadurch eine Distanz zwischen sich selbst und der überzogenen Vorstellung mancher Romantiker, vom Leben als einzige Sonntagsfahrt, auf. Eichendorff betrachtet seine Epoche also selbst kritisch und reflektiert, was ihn in seiner Rolle als Literat ehrt.

Motiv „Schlaf und Traum“

  • In der Novelle wird bei näherer Betrachtung klar zwischen den beiden Zuständen Schlaf und Traum unterschieden. Für Taugenichts ist es „entsetzliches und unaufhaltsames Schlafen“ (Kap. 4, Z. 41) und beim Träumen ist es ihm, als ob „die Vögel über mir singen“ (Kap. 3, Z. 363 f.). Demnach schreibt er dem Schlaf eine latent negative Eigenschaft zu, während er das Träumen als etwas Genussvolles darstellt
  • „Schlaf und Traum“ stellen in der Novelle konträre Motive zum Arbeiten und Fleiß dar und treten auffallend häufig auch als gegensätzliches Paar auf: Gleich zu Beginn schläft Taugenichts und ruht sich aus, während sein Vater emsig in der Mühle seinen Pflichten nachgeht (Kap. 1)
  • Bedeutend oft träumt Taugenichts in der Natur, besonders in Gärten (Kap. 1, 2, 3) und hierbei fällt auf, dass die Träumereien, die er beschreibt, schon fast einen biblischen Charakter aufweisen: Einmal erscheint ihm beispielsweise eine Figur, die ihn an „ein Engelsbild“ (Kap. 1, Z. 132) erinnert und ein anderes Mal träumt er ebenfalls von einer weiblichen Person „mit langen weißen Schleiern, die im Morgenrote wehten.“ (Kap. 3, Z. 48 f.). Auch die Ortswahl ist nicht zufällig und weist Parallelen zum paradiesischen Garten auf, in welchem auch alles vollkommen und unschuldig zugleich ist

  • Fazit \(\rightarrow\) Während es sich beim Schlafen eher um eine reine Zweckmäßigkeit handelt, haftet dem Träumen ein paradiesischer Hauch an, der noch zusätzlich durch die verwunschenen und fantasievollen Naturbeschreibungen betont wird

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