Rezeption
Die Rezeptionsgeschichte des bürgerlichen Trauerspiels Emilia Galotti zeichnet sich insbesondere durch seine kontroversen Reaktionen aus. Inzwischen erfreut sich die Tragödie vorrangig positiver Resonanz. Zum Zeitpunkt der Erscheinung 1772 allerdings muss das Werk auch harsche Kritik einstecken, da sich das Genre des bürgerlichen Trauerspiels damals noch nicht vollständig in der Gesellschaft etabliert hat.
Resonanz Emilia Galottis in der Öffentlichkeit
- Berücksichtigt werden sollte, dass Emilia Galotti als eines der ersten bürgerlichen Trauerspiele sowohl auf positive als auch negative Rückmeldung stößt
- Wie Thomas Mann bereits erkennt, spiegelt das bürgerliche Trauerspiel die damals gegenwärtigen gesellschaftlichen Umstände wider und kann als eine Abbildung der Realität verstanden werden
- Das Aufgreifen der Ständeklausel in Emilia Galotti macht das vorliegende Trauerspiel zu einem gesellschaftskritischen Werk der Aufklärung. Die Reaktion des Publikums kann als durchwachsen beschrieben werden. In der breiten Masse lassen sich sowohl Befürworter als auch Skeptiker des bürgerlichen Trauerspiels finden
Lob und Kritik der Kollegen
- Johann Wolfgang von Goethe: In Die Leiden des jungen Werther wird die Protagonistin Lessings Trauerspiel, Emilia an mehreren Stellen erwähnt, da die Figuren Lotte und Werther, beide Emilia Galotti gelesen haben. Auch wenn Goethe die vorliegende Lektüre als „dramatische Algebra“ bezeichnet, kommt auch er nicht umhin, von dem Werk beeinflusst zu werden. In einem Brief an seinen Bekannten Johann Gottfried Herder schreibt Goethe kurze Zeit nach der Publizierung von Emilia Galotti, das Werk sei zu „gedacht“ und zu wenig dem „Zufall“ überlassen. Dieser Mangel an Spontanität würde dem Stück einen unlebendigen Charakter verleihen. Allerdings trägt Emilia Galotti seiner Meinung nach auch „Züge einer Meisterhand“, was die ansonsten strenge Kritik wieder abmildert
- Friedrich Schiller: Auch der Verfasser von Kabale und Liebe lässt sich von den Charakteren in Emilia Galotti für die eigene Figurenauswahl inspirieren. So lassen sich beispielsweise Parallelen zwischen den Rollen der Emilia und Luise, der weiblichen Hauptdarstellerin in Kabale und Liebe feststellen und auch Marinelli fungiert als Vorbild für den Sekretär des Präsidenten, Wurm genannt. Trotz der festen und vernunftgeleiteten strukturellen Form Emilia Galottis dient diese Tragödie auch für bedeutende Autoren der Sturm und Drang-Zeit in gewisser Hinsicht als Vorbild angesehen
- Friedrich Schlegel: Scharfe Kritik äußert der deutsche Schriftsteller und Literaturkritiker an der vernunftgeleiteten Struktur des Dramas und empfindet es als nahezu künstlich und erfunden
- Friedrich Hebbel: Der deutsche Lyriker und Dramatiker hingegen äußert sich besonders skeptisch über das Ende im vorliegenden Werk. Seiner Meinung nach geht Lessing mit der Entscheidung, die Protagonistin sterben zu lassen, den Weg des geringsten Widerstandes
- Theodor Fontane: Fast 100 Jahre später bekundet auch der Autor von Effi Briest seine Kritik am Lessingschen Trauerspiel und meint, „es fehlt der Teufel“ im Werk. Seiner Meinung nach würde es einer stärkeren gesellschaftskritischen Komponente bedürfen - und diese würde man am besten erzielen, indem man polarisierende Figuren in das Drama inkorporiert
- Johann Joachim Eschenburg: Der Literaturkritiker spricht mit heller Begeisterung von Lessings Werk, und laut ihm ist „keine einzige müßige und ermüdende Szene“ in Emilia Galotti zu finden
Inszenierungen der Tragödie
- Emilia Galotti wird seit der Veröffentlichung 1772 vielfach inszeniert und neben Braunschweig an zahlreichen Theatern wie Heidelberg, Berlin und Wien aufgeführt, nur um ein paar wenige zu nennen
- Der Literaturklassiker erscheint außerdem auch erstmalig 1913 unter der Regie von Friedrich Féher als Verfilmung, welcher zahlreiche weitere Inszenierungen folgen. 2003 wird Emilia Galotti außerdem im österreichischen Serienformat realisiert
- Rundfunksender wie der NWDR, MDR und SWR interpretieren das Werk Lessings als Hörspiel, wobei eine Version aus dem Jahr 1946 unter der Regie von Ludwig Cremer sowie eine Fassung von 2006 in Zusammenarbeit mit Leonhard Koppelmann existiert