Sprache und Stil

Sprache und Stil

Der Stil Kafkas ist sachlich, ruhig und distanziert. Mit klarer Sprache reiht Kafka scheinbar realistische Sachverhalte aneinander, wobei sich Innen- und Außenwelt zu einem absurden, irrealen Ganzen mischen. Wirklichkeit und Fantasie gehen nahtlos ineinander über, was den Leser befremdet und irritiert. Kafkas Erzählstil folgt einer ganz eigenen Logik, die Szenen und Bilder, die er entwirft, haben etwas Befremdliches, dem Verstand entrücktes: So wirkt die Beschreibung der Gerichtskanzleien absolut unmöglich und daher verstörend auf die Leser. Kafka ist auch für seine Nebensätze und Einschübe bekannt, die auf scheinbar nebensächliche Art und Weise sehr wichtige oder gar absolut unerklärliche Passagen in den Text reihen:
Ein Gedränge der verschiedensten Leute [...] füllte ein [...] Zimmer, das knapp an der Decke von einer Galerie umgeben war, die gleichfalls vollständig besetzt war und wo die Leute nur gebückt stehen konnten und mit Kopf und Rücken an die Decke stießen.
Dass sich in einem nicht besonders großen Zimmer in einer heruntergekommenen Vorstadt eine Galerie befindet, auf der sich Beamte bücken müssen, erscheint absolut unwahrscheinlich. K. nimmt es jedoch als gegeben hin, der Umstand wird nicht weiter kommentiert. Diese Stellen finden sich überall im Roman, wichtige Entwicklungen wie K.s Entscheidung, den Prozess ernst zu nehmen, werden quasi nebenbei geschildert (vgl. Kap. 7), wodurch der Leser ratlos darüber wird, welche Stellen glaubhaft oder besonders wichtig sind und welche nicht. Auf diese Wiese schafft Kafka eine beängstigende, klaustrophobische Atmosphäre. Groteske bis absurde Situationen, die in ruhiger, klarer Sprache geschildert werden, sind zudem:
  • Das Verhalten der Wächter bei K.s Verhaftung; sie essen K.s Frühstück; der Bauch des einen Wächters stößt freundschaftlich immer wieder an K.
  • K.s Verhandlung findet am Sonntag statt, man könne die Untersuchungen aber auch nachts stattfinden lassen; die Verhandlung im überfüllten Gerichtssaal selbst wirkt grotesk
  • Die Episode von den Advokaten, die sich vom alten Beamten immer wieder die Treppe hinunterwerfen lassen (vgl. Kap. 6, 7, 8), sowie Hulds Ausführungen über den Prozess insgesamt
  • Die Prügelszene
  • Die stummen, fetten Henker, die K. sogar unter den Arm nehmen und mit ihm auf und ab gehen, um ihn nicht der kalten Nachtluft auszusetzen, während sie eine geeignete Stelle für die Hinrichtung suchen